Bischof Tawadros wird neuer Papst der Kopten - Der 60-Jährige gilt als weltoffen und beliebt

Ungewöhnliche Papst-Wahl in Ägypten: Die koptisch-orthodoxen Christen bestimmen ihr neues Oberhaupt traditionell per Los. Das fiel auf einen 60-Jährigen, der sehr beliebt ist - vor allem bei der Jugend.
Kairo (epd). Bischof Tawadros ist neuer Papst der koptisch-orthodoxen Christen in Ägypten. Ein Junge mit verbundenen Augen zog am Sonntag bei einer Zeremonie in der Kathedrale von Abassiya in Alexandria einen Loszettel mit Tawadros Namen. Der 60-Jährige Tawadros ist Nachfolger des im März verstorbenen Papst Shenouda III. Er wird am 18. November in sein Amt eingeführt. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sandte dem neuen Kopten-Oberhaupt Glückwünsche.

Die koptische Kirche zählt zu den ältesten Kirchen der Welt. Weltweit wird die Zahl ihrer Mitglieder auf rund 15 Millionen geschätzt. In Ägypten, dem Stammland der Kopten, sind rund zehn Prozent der 83 Millionen Einwohner Kopten. Nach Einschätzung des deutschen Koptenbischofs Anba Damian verbinden ägyptischen Christen große Hoffnungen mit ihrem neuen Papst.

Seit den frühen Morgenstunden waren Tausende geladener Gäste in die Kirche geströmt, um der sogenannten "Altar-Lotterie" beizuwohnen. Das staatliche ägyptische Fernsehen berichtete live von dem Ereignis. Bei der Auslosung gab es drei Kandidaten, die zuvor bei der Wahl durch eine Wahlversammlung der Gläubigen die meisten Stimmen bekommen hatten: Außer Tawadros waren dies sein Bischofkollege Raphael (58) und der Mönch Raphael (70). Für die Kopten liegt die letzte Entscheidung darüber, wer die Kirchen anführt, in der Hand Gottes. Das ist der Grund für das traditionelle Losverfahren.

Tawadros ist Bischof von Bahaira, einer Provinz mit vielen armen Bauern im Norden Ägyptens. Er gehört der heiligen Synode an. Vor seinem Eintritt ins Klosterleben studierte er Pharmazie. 1997 wurde Tawadros zum Bischof geweiht. Viele Christen hatten gehofft, dass die Wahl auf ihn fallen würde, weil er sich für eine Öffnung der Kirche zur mehrheitlich muslimischen ägyptischen Gesellschaft einsetzt. Wegen seines Engagement für die Jugendarbeit ist er auch bei jungen Christen beliebt.

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider schrieb in seinem Gratulationsbrief, die evangelische Kirche in Deutschland bitte darum, dass Gott dem Kopten-Papst Weisheit und Kraft für sein Amt gebe. Schneider versicherte den Christen in Ägypten seine Solidarität. Zudem äußerte er die Hoffnung auf eine dauerhafte Versöhnung in Ägypten und im Nahen Osten.

Der deutsche Koptenbischof Anba Damian sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) telefonisch aus Kairo, Bischof Tawadros sei aufgeschlossen und weltoffen. Er schätze die Ökumene und habe bereits langjährige Auslandserfahrung.

In der heutigen Zeit sei es keine leichte Aufgabe, koptischer Papst in Ägypten zu sein, sagte Damian weiter. Vor dem neuen Kirchenoberhaupt lägen großen Herausforderungen. "Er muss den Dialog mit den Muslimen und der Regierung führen", sagte der Generalbischof der koptischen Kirche in Deutschland. Außerdem müsse er sich für die Einhaltung der Menschenrechte sowie für die Interessen der koptischen Christen einsetzen.

Notwendig sei es zudem, die Identität der Kirche zu stärken und die koptischen Christen im In- und Ausland stärker zusammenzubringen, sagte der Generalbischof, der seinen Amtssitz in Höxter in Westfalen hat. Viele christliche Gläubige litten unter der Verfolgung, viele seien traumatisiert.

In der Vergangenheit kam es in Ägypten immer wieder zu gewalttätigen Konflikten zwischen Kopten und Muslimen. Shenouda III. hatte über 40 Jahre an der Spitze der koptisch-orthodoxen Kirche gestanden.

04. November 2011