Evangelische Kirche sieht "Atempause" bei Finanzen

Neue Initiativen zur Zusammenführung der konfessionellen Zusammenschlüsse

Timmendorfer Strand (epd). Die evangelische Kirche profitiert bei den Kirchensteuereinnahmen von der guten Konjunktur. Mit rund 4,5 Milliarden Euro fiel das Steueraufkommen 2011 um 2,8 Prozent höher aus als im Jahr zuvor, wie am Dienstag bei der Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Timmendorfer Strand bekanntwurde. "Einen ähnlichen Zuwachs erwarten wir auch für das laufende Jahr", sagte Ratsmitglied Klaus Winterhoff. Neben dem EKD-Haushalt für 2013 berieten die Vertreter der 20 Landeskirchen außerdem über neue Initiativen zur Überwindung der konfessionellen Grenzen im deutschen Protestantismus.

Das Plus bei den Steuereinnahmen gleicht laut EKD-Ratsmitglied Winterhoff den Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre allerdings nicht aus. Der EKD-Etat für 2013, der aus Umlagen und Zuweisungen der Landeskirchen finanziert wird, hat ein Volumen von rund 187 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr wies der Haushalt aufgrund von Rücklagenentnahmen für Strukturprozesse einen Umfang von rund 196 Millionen Euro auf.

Für die "positive Seitwärtsbewegung" bei den Kirchensteuereinnahmen sei die stabile Konjunkturentwicklung wesentlich verantwortlich, erläuterte der Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen. Die Verluste durch den Bevölkerungsrückgang würden damit noch ausgeglichen. "Wir haben eine Atempause. Und das tut gut", folgerte Winterhoff.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen kündigte die EKD an, ab 2013 schrittweise ein bundesweites Servicetelefon bei der EKD-Zentrale in Hannover aufzubauen. Darin sollen den Angaben zufolge bereits bestehende Angebote auf Ebene der Landeskirchen integriert werden. "Wir wollen und müssen für die Menschen auf allen Ebenen gut erreichbar sein", erläuterte Winterhoff.

Bei getrennten Sitzungen berieten Vertreter der lutherischen sowie der unierten Kirchen am Dienstag zudem über weitere Strukturveränderungen im deutschen Protestantismus. Vor der Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen (UEK) warb deren Präsident, der badische Landesbischof Ulrich Fischer, dafür, die Zusammenarbeit der evangelischen Konfessionen weiterzuentwickeln und die Kirchengemeinschaft in der EKD zu stärken: "Alle Beteiligten werden sich bewegen und verändern müssen." Kirchliche Strukturen seien kein Selbstzweck, sondern dienten dazu, den kirchlichen Auftrag zu erfüllen. Die Vertreter der unierten Kirchen sprachen sich dafür aus, die Verzahnung der Tagung der Kirchenparlamente zu optimieren. Zudem sollten theologische Gespräche über das "Kirchesein" der EKD geführt werden.

Auch in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) gibt es Debatten über das sogenannte Verbindungsmodell, das 2005 vertraglich vereinbart worden war. Eine Folge ist, dass die evangelischen Kirchenparlamente von UEK und VELKD sowie der EKD seit 2009 zeitlich und örtlich verbunden sowie personell verzahnt tagen. Dieses Modell sei anspruchsvoll, denn es unterscheide sich von vollständiger Fusion und dem früheren Nebeneinander, hatte der Leitende VELKD-Bischof Gerhard Ulrich vor der lutherischen Generalsynode gesagt. Es stelle sich jedoch weiter die Frage, ob und wie die Zusammenarbeit intensiviert werden sollte. Für eine grundlegende Bewertung des Verbindungsmodells sei es noch zu früh, sagte der lutherische Theologe.

Die unterschiedlichen Konfessionen im Protestantismus sind Ergebnis der Reformationsgeschichte. Während die unierten Kirchen verschiedene Bekenntnistraditionen vereinen, bildet bei den Lutheranern die Theologie Martin Luthers (1483-1546) die Grundlage der Glaubenspraxis.

06. November 2012