Justin Welby wird neues Oberhaupt der Anglikaner

London (epd). Der Bischof von Durham, Justin Welby, wird nächster Erzbischof von Canterbury und damit geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Dies gab die Kirche von England am Freitag in London bekannt. Zuvor hatte Königin Elizabeth II. als weltliches Oberhaupt der Ernennung Welbys zugestimmt.

Der 56-jährige Welby wird Nachfolger von Rowan Williams (62). Williams hatte im März seinen Rückzug nach zehnjähriger Amtszeit für Ende Dezember angekündigt. Die Einführung Welbys als 105. Erzbischof von Canterbury erfolgt am 21. März 2013.

Er empfinde seine Ernennung als erstaunlich und aufregend, sagte Welby. "Es ist aufregend, denn wir befinden uns an einem dieser seltenen Punkte, an denen sich der Lauf der Dinge verändert", sagte der designierte Erzbischof. Die Kirche von England habe große Chancen, ihre oft verborgenen Kräfte zu entfalten. Für ihn sei es ein großes Privileg, in einer Zeit spirituellen Hungers an der Leitung der Kirche mitzuwirken, ergänzte Welby.

Erzbischof Williams bezeichnete seinen Nachfolger als eine Persönlichkeit, die Geduld, Weisheit und Humor verbinde. Für das neue Amt bringe Welby eine reiche pastorale Erfahrung sowie einen ausgeprägten Sinn für internationale Prioritäten mit, für die Kirche und die Welt.

Welby ist in London geboren. Seine Vorfahren väterlicherseits sind Juden aus Deutschland, die Ende des 19. Jahrhunderts vor dem wachsenden Antisemitismus nach England auswanderten. Unter den Vorfahren mütterlicherseits befinden sich eine Reihe von Klerikern.

Er studierte Rechtswissenschaften und Geschichte an den renommierten Universitäten Eton und Cambridge. Anschließend war er Manager in der Ölindustrie, zunächst bei dem französischen Unternehmen Elf in Paris, danach bei Enterprise Oil in London. Dort war er unter anderem für Ölförderprojekte in Westafrika und der Nordsee zuständig.

Einen zentralen Einfluss für den Lebensweg von Justin Welby und seiner Frau Caroline markiert der Tod ihrer sieben Monate alten Tochter 1983 bei einem Autounfall in Frankreich. Sechs Jahre später verließ er seinen Managerposten und studierte Theologie. Am St. John's College in Durham wurde er mit einer Arbeit "Können Unternehmen sündigen?" promoviert.

Nach der Priesterweihe 1992 war er an verschiedenen Orten der Diözese Coventry Priester und Kanoniker. Von 2007 bis 2011 war Welby Dekan an der Kathedrale von Liverpool. Seit knapp einem Jahr ist er Bischof von Durham. In diesem Jahr wurde er in eine parlamentarische Kommission berufen, die unter anderem als Konsequenz aus dem Libor-Skandal mit Zinsmanipulationen neue Standards für den Bankensektor erarbeiten will. Die Interessen von Welby, der zwei Söhne und drei Töchter hat, gelten französischer Kultur, dem Segeln und der Politik.

Der Wechsel an der Spitze fällt in eine schwierige Phase der Kirche von England. Während der zehnjährigen Amtszeit des liberalen Theologen Williams drohte mehrfach eine Spaltung der Kirche: Liberale und Konservative streiten sich darum, ob Frauen und offen homosexuell lebende Männer ordiniert werden dürfen. Die Wahl des Nachfolgers wird auch als Zeichen gewertet, in welche Richtung sich die Kirche weiterentwickeln wird. Weltweit hat die anglikanische Gemeinschaft rund 80 Millionen Anhänger.

10. November 2012

EKD-Pressemitteilung