Göring-Eckardt lässt Ämter in evangelischer Kirche ruhen

Katrin Göring-Eckardt zieht an der Seite von Jürgen Trittin für die Grünen in den Bundestagswahlkampf. Kurz nach Bekanntgabe des überraschenden Urwahl-Ergebnisses erklärte sie, ihre Ämter in der evangelischen Kirche ruhen zu lassen.

Berlin (epd). Nach ihrer überraschenden Kür zur Spitzenkandidatin der Grünen bei der Bundestagswahl 2013 lässt Katrin Göring-Eckardt ihre Ämter in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ruhen. Wie die EKD am Samstag mitteilte, wird die 46-Jährige bis zum Ende des Wahlkampfs weder ihr Amt als Synodenpräses an der Spitze des Kirchenparlaments ausüben noch die damit verbundene Mitgliedschaft im Rat der EKD wahrnehmen. Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht, ließ Göring-Eckardt offen. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider gratulierte der Grünen-Politikerin zur Spitzenkandidatur. 

Der Bundestagsvizepräsidentin waren bei der Urwahl des Grünen-Spitzenduos lediglich Außenseiterchancen eingeräumt worden. Auf den favorisierten Trittin entfielen 71,9 Prozent der Stimmen, auf Göring-Eckardt 47,3 Prozent. Fraktionschefin Renate Künast erreichte 38,6 Prozent, Parteichefin Claudia Roth 26,2 Prozent.

Göring-Eckardt hatte dem Präsidium der EKD-Synode bereits im September mitgeteilt, dass sie im Fall einer Grünen-Spitzenkandidatur ihr EKD-Ämter ruhen lassen werde. Mehrere Politiker von Union und FDP hatten die Vereinbarkeit von Kirchenamt und Spitzenkandidatur zuvor infrage gestellt, darunter auch Bayerns früherer Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU). Er ist Vizepräses der Synode. Gemeinsam mit dem zweiten Vize Klaus Eberl aus der rheinischen Kirche wird Beckstein die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin in den nächsten Monaten an der Synodenspitze vertreten.

Auf die Leitung der in der Regel Anfang November stattfindenen EKD-Jahrestagungen dürfte Göring-Eckardts zeitweiliger Amtsverzicht keine Auswirkungen haben. Die Tagung des laufenden Jahres ging am Mittwoch in Timmendorfer Strand zu Ende. Die Bundestagswahl im nächsten Jahr findet spätestens Ende Oktober statt, so dass Göring-Eckardt bei der Synodentagung 2013 in Düsseldorf das Kirchenparlament bereits wieder leiten könnte.

Ob nach der Wahl ein dauerhafter Verzicht auf das Präsesamt geboten erscheinen könnte, ließ Göring-Eckardt am Samstag bei einer Pressekonferenz in Berlin offen. Die Wahl müsse abgewartet werden, das "Fell des Bären" dürfe nicht schon vorher verteilt werden. Einen Verzicht auf ihr Amt als Vizepräsidentin des Bundestages, wie es die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger forderte, lehnte Göring-Eckardt ab. Im Präsidium des Bundestages seien Abgeordnete aller Parteien vertreten, die bei den Sitzungen des Parlaments neutral zu sein haben. "Das traue ich mir nun wirklich zu", sagte sie.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider begrüßte die Kür Göring-Eckardts zur Spitzenkandidatin ihrer Partei. "Ich freue mich, dass eine engagierte evangelische Christin wie Katrin Göring-Eckardt, die in den vergangenen Jahren in überragender Weise für die EKD gewirkt hat, in so ein wichtiges, verantwortungsvolles politisches Spitzenamt gewählt wurde", erklärte Schneider in Hannover. "Ich denke, diese Freude teilen viele Protestantinnen und Protestanten in unserem Land, unabhängig von ihrer parteipolitischen Präferenz."

Natürlich werde Göring-Eckardt der EKD in ihren Kirchen-Ämtern vorerst fehlen, fügte der Ratsvorsitzende hinzu. "Andererseits ist es eben so, dass unsere Kirche von Menschen geleitet wird, die in der Lage sind, in Staat und Gesellschaft wichtige Ämter auszufüllen - das entspricht der Weltverantwortung des Evangeliums."

Vizepräses Beckstein erklärte, er freue sich, dass die Grünen sich für eine "so bürgerliche und kirchliche Kandidatin" entschieden haben. Damit nehme das politische Gewicht der Protestanten zu, sagte der CSU-Politiker dem epd. Neben Göring-Eckardt habe man mit Angela Merkel (CDU) eine evangelische Pfarrerstochter als Bundeskanzlerin und mit Joachim Gauck einen ehemaligen evangelischen Pastor als Bundespräsidenten. Das sei bemerkenswert.

10. November 2012