Präses der westfälischen Kirche für Abschied vom Wachstumsdenken

Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, fordert ein Ende des Wachstumsdenkens als "beherrschender Maßstab". Nötig sei stattdessen eine "Ethik des Genug", wie sie die beiden großen Kirchen zum UN-Nachhaltigkeitsgipfel im Juni in Rio de Janeiro angeregt hatten, sagte Kurschus am Montag in Bielefeld. In ihrem ersten Bericht vor der westfälischen Landessynode warnte sie zudem vor übertriebenen Ökumene-Hoffnungen und hob die wachsende Bedeutung des Ehrenamts in der Kirche hervor, die künftig mit weniger Geld und weniger Personal auskommen müsse.

"Ein egoistisches und rücksichtsloses Streben nach immer mehr Wachstum ist nicht zu vereinbaren mit der klaren Parteinahme Gottes für Arme und Notleidende", betonte die 49-jährige Theologin, die seit März an der Spitze der viertgrößten deutschen Landeskirche steht. Christen dürften nicht tatenlos zusehen, "wie weltweit täglich etwa 24.000 Menschen aus Mangel an Brot, Wasser und medizinischer Versorgung elend krepieren, während eine kleine Minderheit der Weltbevölkerung - dazu gehören wir auch - in Überfluss lebt".

Skeptisch äußerte sich Kurschus zum Aufruf "Ökumene Jetzt", in dem Prominente eine schnelle Vereinigung von katholischer und evangelischer Kirche fordern. "Auf unserem Weg zu neu gelebter Einheit brauchen wir so viel Tempo wie nötig, aber auch so viel Geduld wie nötig", sagte die Theologin. Konkrete Probleme des ökumenischen Prozesses wie das unterschiedliche Verständnis von Kirche, Amt und Abendmahl würden von der Initiative ausgeklammert. Die gut 200 Mitglieder des Kirchenparlaments beraten bis Freitag über zentrale Fragen der westfälischen Landeskirche und wählen den Großteil der Kirchenleitung neu.

12. November 2012

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