Streit über Biopatente: Europa-Patentamt ermuntert Bürger zur Kritik

Das Europäische Patentamt (EPA) ruft Bürger und Verbände auf, die Möglichkeit eines Einspruchs gegen Patente häufiger zu nutzen. "Wir machen wie alle Menschen Fehler, aber es gibt Korrekturmechanismen", sagte der EPA-Sprecher Oswald Schröder am Donnerstagabend in Brüssel. Anlass war eine Diskussionsveranstaltung über die umstrittenen sogenannten Biopatente. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stellte eine Schrift vor, in der sie sich kritisch mit Patenten auf Pflanzen und Tiere und die Auswirkungen auf den Hunger in der Welt auseinandersetzt.

"Die Vielfalt an Saatgut und Tierrassen nimmt ab. Landwirtschaftliche Forschung und Zucht werden behindert", heißt es etwa in der EKD-Schrift. Die weltweite Ernährungssicherheit werde nicht gefördert, sondern vielmehr stärker gefährdet. Der EPA-Sprecher Schröder argumentierte, die Münchner Behörde arbeite nicht im rechtsfreien Raum. Das Gesetz verbiete etwa Patente, die gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstießen.

Auch weitestgehend konventionelle Zuchtverfahren sowie Pflanzensorten und Tierrassen seien nicht patentierbar, unterstrich Schröder. Patentschutz gebe es etwa für Tiere, die in erster Generation aus patentierten Verfahren kämen - nicht aber für die Nachkommen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling gab zu bedenken, dass ein Einspruch gegen ein Patent teuer und kompliziert sei. Zu den Gebühren von rund 800 Euro kämen noch hohe Anwaltskosten, da die Materie sehr komplex sei. Ein solcher Widerstand sei, wenn überhaupt, nur mittels großer Akteure wie etwa Greenpeace zu leisten. Häusling forderte, die Vergabepraxis des Patentamts stärker demokratisch und politisch zu kontrollieren.

Ähnlich argumentiert auch die EKD in ihrer Studie. "Da das EPA keine Kompetenz für eine ethische Beurteilung sowie eine sozio-ökonomische Folgenabschätzung hat, sind ihm entsprechende unabhängige Fachgremien zur Seite zu stellen", heißt es. Das Einspruchsverfahren sei so zu reformieren, dass es für zivilgesellschaftliche Organisationen technisch und finanziell zugänglich werde. "Dies gilt insbesondere für indigene Völker aus den Ländern des Südens". Wäge man das Für und Wider ab, spreche wenig für Biopatente, betonte Mitautorin Gudrun Kordecki.

EPA-Sprecher Schröder schloss sich der Meinung des übrigen Podiums an, dass ein stärkeres gesellschaftliches und politisches Engagement im Bereich der Patente wünschenswert sei. In den Regelungen des EPA seien beispielsweise Regierungskonferenzen zu wichtigen Fragen vorgesehen. "Wenn wir große Fragen zu klären haben - und dazu gehören Ethik- und Moralfragen -, kommen die Minister aus den verschiedenen Ländern zusammen." Eine solche Konferenz habe es zuletzt im Jahr 2000 gegeben. "Ich bin dafür, dass man dies regelmäßig organisiert", sagte Schröder.

EKD-Studie "Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist - Biopatente und Ernährungssicherheit aus christlicher Perspektive": www.ekd.de/download/ekd_texte_115.pdf

16. November 2012