Buß- und Bettag: Bedford-Strohm kritisiert mangelndes politisches Engagement

Hamburg (epd). Mit zahlreichen Gottesdiensten haben Protestanten in Deutschland am Mittwoch den Buß- und Bettag begangen. In einer Predigt in München kritisierte der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die abnehmende Bereitschaft in der Bevölkerung, sich in der Politik zu engagieren. Die Bürger sollten sich für das Gemeinwesen engagieren und für eine gerechte Teilhabe für alle eintreten. Zugleich forderte er, Politik dürfe nicht nach eigenen Gesetzen funktionieren oder sich gar von der Lebenswelt der Menschen entfernen.

Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs rief unterdessen die Gesellschaft zu mehr Demut auf. Ein demütiger Mensch habe eine Kraft in sich, "die Versöhnung wirkt und Friede und Wahrheit". Eine solche Haltung täte der Gesellschaft gut, sagte sie in einem am Mittwoch ausgestrahlten Fernsehgottesdienst. Die Bischöfin forderte, die ursprüngliche Intention des Buß- und Bettages wieder mehr in den Blick zu nehmen. Der Tag sei "die Erlaubnis, die Wirklichkeit zu benennen, wie sie wirklich ist". Es könne entlasten, Unzulänglichkeiten jeder Art auszusprechen.

Der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer bezeichnete den Buß- und Bettag als politisch bedeutsamen Tag, an dem die "Situation von Kirche und der Gesellschaft öffentlich vor Gott bedacht wird". Das zunehmende Interesse am Bußtag entspreche dem Bedürfnis vieler Menschen, "in einer unübersichtlicher werdenden Welt orientierende Zeiten der Besinnung zu nutzen", sagte er in Freiburg. Die Kirche solle öffentlich einfordern, dass alle im Land gemäß ihrem Vermögen zum Gemeinwohl beitragen müssen.

Die westfälische Präses Annette Kurschus rief zu Engagement für eine gerechtere Welt auf. Aus der Umkehr folge kein Rückzug in eine fromme Innerlichkeit, sondern der Einsatz gegen Ungerechtigkeit, Armut und Gewalt, sagte die leitende Theologin in Gütersloh. Sie warnte zudem die Kirche vor Selbstgefälligkeit. "Wir gefallen und genügen uns bisweilen selbst in unseren eloquenten Reden, mit unseren ausgeklügelten Konzepten und gut aufgestellten Haushaltsplänen." Das Pochen auf das eigene Verdienst dürfe das leise Anklopfen Christi nicht übertönen, mahnte die Präses.

Evangelische Christen begehen den Buß- und Bettag am ersten Mittwoch nach dem Volkstrauertag. Im Mittelpunkt stehen Besinnung, kritische Lebensbilanz und Neuorientierung. Der Gedenktag ist seit 1995 in Deutschland kein arbeitsfreier Feiertag mehr, die einzige Ausnahme ist Sachsen.

21. November 2012