Kirchen ermutigen zum Aufbruch

Bischöfe warnen zum neuen Jahr vor Zukunftsangst

Frankfurt a.M. (epd). Die beiden großen Kirchen haben zum Jahreswechsel zu Zuversicht, Gottvertrauen und gesellschaftlichem Aufbruch ermutigt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte in seiner Neujahrsbotschaft, die Menschen könnten immer wieder neu aufbrechen und die Gegenwart verändern. Man müsse sich nicht mit dem Alltag und der Welt zufriedengeben, betonte der Repräsentant von fast 24 Millionen evangelischen Christen.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte, trotz ihrer Sorgen hätten die Menschen in Deutschland allen Grund zu Dankbarkeit für Frieden, Freiheit und Sicherheit. "Wir dürfen dankbar sein, dass Europa trotz aller Kritik und Schwierigkeiten in der Finanzmarktkrise nicht auseinandergefallen ist", unterstrich der Freiburger Erzbischof in seiner Silvesterpredigt im Freiburger Münster. Zollitsch repräsentiert 24,5 Millionen Katholiken.

Schneider ermutigte in einer Neujahrspredigt im Berliner Dom dazu, keine Angst vor der Vergänglichkeit des Lebens zu haben. Gerade die Endlichkeit sei es, "die menschliches Glück und menschliches Leben auf der Erde so kostbar macht", sagte der rheinische Präses. Jeder kenne die Erfahrungen von Vergänglichkeit, Zerstörung und Verlust. Dennoch sei der Jahreswechsel eine gute Gelegenheit "für einen dankbaren Blick zurück und für einen zuversichtlichen Blick nach vorn", sagte Schneider laut Redetext.

Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl rief dazu auf, nicht nur im Hier und Jetzt zu leben. Die "maßlose Verschuldung der Staaten" auf Kosten künftiger Generationen belege die Unverantwortlichkeit des heutigen Lebensstils, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende am Dienstag in seiner Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche. "Wohlstand auf Pump bleibt eine Illusion, Wachstum ohne Grenzen kann es nicht geben", betonte der Theologe und warnte vor einer "verantwortungslosen Zukunftsvergessenheit".

Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm wandte sich gegen Pessimismus und Zukunftsangst. Angesichts der Eurokrise leide Deutschland fast unter einer kollektiven Verlustangst, sagte der Bischof in seiner Neujahrspredigt in München. Dabei werde vergessen, "wie reich wir als Land sind". Deutschland sei deshalb in der Lage, Solidarität zu leisten und anderen zu helfen.

Die zunehmende soziale Spaltung gefährdet nach Einschätzung des Berliner Kardinals Rainer Maria Woelki den gesellschaftlichen Frieden. "Es gibt einige Gewinner, aber eine wachsende Schar von Verlierern", sagte der katholische Erzbischof in seiner Silvesterpredigt in der Berliner Hedwigskathedrale. "Die Schere zwischen arm und reich weitet sich und könnte eines Tages brechen", unterstrich Woelki mit Blick auf soziale Proteste in mehreren europäischen Krisenstaaten.

Über das neue Jahr 2013 haben die deutschsprachigen Kirchen Europas ein Wort aus dem Neuen Testament gestellt: "Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir", heißt es im Brief an die Hebräer, Kapitel 13, Vers 14. Nach Ansicht des hannoverschen Landesbischofs Ralf Meister gibt die biblische Losung für das neue Jahr "Orientierung im Stimmengewirr dieser Zeit" und ruft die Menschen dazu auf, Suchende zu bleiben.

Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs ermutigte die Christen zu mehr Gottvertrauen. Die Freundlichkeit Gottes reiche auch in die Schattenseiten des Lebens, sagte Fehrs in ihrer Neujahrspredigt in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. Christen sollten sich nicht mit dem zufrieden geben, was ist, betonte die evangelische Theologin.

02. Januar 2013