Neugier auf Franziskus: Ökumenische Reaktionen zur Papstwahl

Frankfurt a.M. (epd). Die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio (76) zum Nachfolger von Papst Benedikt XVI. hat bei Kirchenvertretern und Kirchenbünden positive Resonanz ausgelöst. Besonders sein Papstname Franziskus I. löste am Mittwoch Hoffnungen auf eine Reform der katholischen Kirche und mehr Ökumene aus. Der Evangelische Pressedienst (epd) dokumentiert einige Stimmen:

Der Generalsekretär der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, Setri Nyomi, erhofft sich vom neuen Papst frische Impulse im Kampf gegen globale Ungerechtigkeit und Armut. Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio könne als Papst auf die Erfahrungen aus seinem eigenen Kontinent zurückgreifen, sagte Nyomi dem epd am Mittwoch in Genf. Zudem wertete Nyomi, der aus Ghana stammt, die Wahl von Franziskus I. als Zeichen für die Universalität der katholischen Kirche. "Die katholischen Kardinäle haben gezeigt, dass ihre Familie die ganze Welt umschließt", sagte Nyomi. Die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen repräsentiert Kirchen in 108 Ländern mit etwa 80 Millionen Gläubigen.

Die Wahl Bergoglios zum Papst symbolisiert nach Einschätzung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) eine Verschiebung der Gewichte in der katholischen Kirche. "Die Mehrheit der Katholiken lebt nicht mehr in Europa, sondern in den anderen Erdteilen", sagte der Generalsekretär der KEK, Guy Liagre, dem epd in Genf. Papst Franziskus I. werde aber ein Papst aller Katholiken in allen Erdteilen sein. Für ihn sei die Wahl des Erzbischofs von Buenos Aires zum Papst eine "Überraschung" gewesen, sagte Liagre. Er habe nicht mit der Wahl des Argentiniers gerechnet. Der Konferenz Europäischer Kirchen gehören protestantische, orthodoxe und altkatholische Kirchen an. Die katholische Kirche ist kein Mitglied.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte, es freue ihn besonders, dass der neue Papst durch die Namenswahl bewusst ein Zeichen setze für die Armen und für Gerechtigkeit in der Welt. Der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten wünschte Papst Franziskus I. "Gottes Segen für sein Amt und seine großen Aufgaben in der römisch-katholischen Kirche, viel Kraft für anstehende Entscheidungen und einen weltoffenen Blick".

Auch der deutsche Ökumene-Experte Friedrich Weber begrüßte die Wahl des ersten Papstes aus Lateinamerika. "Wir sind alle positiv überrascht", sagte der Catholica-Beauftragte der deutschen Lutheraner und Braunschweiger Landesbischof dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Landesbischof wünscht sich von Franziskus I. auch neue Impulse für die Ökumene: "Ich hoffe, dass er sich als Brückenbauer zeigt hin zu den evangelischen Kirchen." Weber ist von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) mit den Kontakten zur katholischen Kirche beauftragt. Er ist derzeit noch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland.

"Es ist zu hoffen, dass die Kirche die Option für die Armen nun deutlicher wahrnimmt, als es bisher der Fall war", fügte Weber hinzu. Darauf deute die Herkunft des neuen Papstes und die Wahl seines Namens, der an den heiligen Franz von Assisi erinnere. "Als jemand, der aus Lateinamerika kommt, kennt er auch die Befreiungstheologie und die wichtigen Impulse für die Institution, die von ihr ausgehen." Er hoffe, dass die Befreiungstheologie in der katholischen Kirche nun aufgewertet werde.

Das evangelische Ökumene-Institut in Bensheim bezeichnete die Wahl von Franziskus I. als Überraschung. Bergoglio habe als Ordensmann und Kardinal einen pointiert bescheidenen Stil gepflegt. Dazu passe, dass er sich bei seinem ersten Segen "Urbi et orbi" auf der Loggia in einfachem Papstgewand ohne Mozetta den Gläubigen präsentierte. Im Blick auf die großen Erwartungen und die anstehenden Reformen, die sich seiner Kirche stellen, verwundere jedoch "die Wahl eines Papstes, der das vorgesehene Emeritierungsalter der Bischöfe von 75 Jahren bereits überschritten hat, sagte der Leiter des Konfessionskundlichen Instituts, Walter Fleischmann-Bisten.

Der Jesuit Jorge Mario Bergoglio sei nach Gregor XVI. (1831-1846) der erste Ordensmann und der erste Jesuit überhaupt im Papstamt, hieß es weiter. Mit ihm sei keiner der oft genannten Favoriten gewählt worden, erklärte das Konfessionskundliche Institut weiter. Die Namenswahl Franziskus könne als Bekenntnis für eine Kirche der Armen gedeutet werden. Als lateinamerikanischer Papst repräsentiere er in gewisser Weise mehr als 40 Prozent der römisch-katholischen Christenheit.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hofft, dass der neue Papst den Glauben junger Menschen auf der ganzen Welt stärken wird. "Wir sind neugierig auf ihn, seine Botschaften und die Art, wie er die Kirche leiten wird", erklärte Dirk Tänzler für den BDKJ-Bundesvorstand in Düsseldorf. "Viele Jugendliche auf der Welt hoffen darauf, Papst Franziskus I. im Juli beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro zu treffen und dort kennen zu lernen."

Gleichzeitig sieht der BDKJ das katholische Kirchenoberhaupt vor Herausforderungen. "Die Kirche steht vor drängenden Fragen. Immer mehr Menschen, nicht nur junge, wünschen sich Veränderungen, und das nicht nur in Westeuropa. Wir würden uns freuen, wenn Papst Franziskus I. die unterschiedlichen Stimmen in der Kirche hört, gerade auch die reformorientierten, und im Dialog mit allen Gläubigen die Zukunft unserer Kirche gestaltet", erklärte Tänzler.

Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Bischof Gerhard Ulrich (Kiel), hob hervor, dass erstmals ein Lateinamerikaner in das Papstamt gewählt wurde. Er äußerte die Hoffnung, dass der neue Papst Franziskus I. die Kraft haben werde, "dass Schiff der römisch-katholischen Kirche in einer sich schnell veränderten Welt umsichtig und weise zu steuern".

"Die Wahl seines Namens legt es nahe, dass es ihm ein Anliegen ist, dem Frieden und der Gerechtigkeit Gehör zu verschaffen und für die Bekämpfung der Armut einzutreten", erklärte der evangelische Theologe Ulrich. Zugleich äußerte er die Hoffnung auf Fortschritte in der Ökumene und dass der neue Papst sich als "Brückenbauer auch hin zu den Kirchen der Reformation" erweisen werde.

14. März 2013