Zeitansage für mehr Gerechtigkeit

Hamburg (epd). Der evangelische Kirchentag hat kurz vor Abschluss mit deutlichen Appellen eine gerechtere Gesellschaft gefordert. Im Mittelpunkt standen Arbeitsbedingungen, Löhne und die Situation Älterer. Kirchentagspräsident Gerhard Robbers zeigte sich am Samstag überzeugt, dass das Christentreffen nachhaltige Signale aussendet: "Das macht sich fest an der Forderung nach gerechtem Lohn und gerechten Arbeitsbedingungen für alle, damit Jeder und Jede das verdient, was er und sie zum Leben braucht."

"Mehr Zeitansage geht nicht!", resümierte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. An diesem Sonntag werden beim Schlussgottesdienst im Hamburger Stadtpark noch einmal Zehntausende erwartet.

Im Fokus standen am Samstag auch die Arbeitsbedingungen in den Kirchen selbst. Robbers diskutierte mit dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske, der erneut ein Streikrecht für Kirchenbeschäftigte forderte. Kirchenvertreter verteidigten ihr besonderes Arbeitsrecht und bedauerten die verhärtete Front zu den Gewerkschaften. Robbers äußerte jedoch die Hoffnung auf Annäherung: Er habe eine "neue Nachdenklichkeit" bei ver.di gespürt, sagte er.

Am letzten Tag der inhaltlichen Arbeit wurde auch die Ökumene noch einmal zum Thema. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) rief evangelische und katholische Christen zu mehr Druck von unten auf. "Ich wünsche mir eine Ökumene der Ungeduldigen", sagte der Katholik.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, warnte vor überzogenen Erwartungen an Papst Franziskus. Die römisch-katholische Kirche werde auch "unter Papst Franziskus katholisch bleiben". Die westfälische Präses Annette Kurschus beklagte bei einem ökumenischen Gottesdienst die Trennung von Protestanten und Katholiken beim Abendmahl: "Es bleibt ein Pfahl im Fleisch."

Angelehnt an die Losung des Protestantentreffens "Soviel du brauchst" blieb das Thema Gerechtigkeit ein Dauerbrenner. Mehr als 500 Kirchentagsteilnehmer stimmten einem Appell an den Bundestag zum Kampf gegen Altersarmut zu. Sie fordern eine Korrektur der Pläne zur Senkung des Rentenniveaus bis 2030 auf 43 Prozent.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warb für Fairness untereinander. Mit Blick auf die Steueraffäre um Uli Hoeneß sagte er, der FC Bayern München-Präsident müsse wie jeder andere behandelt werden: Weder dürfe er besonders hart angefasst werden, noch als Prominenter einen Bonus bekommen.

Auch die Situation in ärmeren und Krisenländern war Thema. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte EU-weite verbindliche und transparente Regeln für den Rohstoffhandel mit Entwicklungs- und Schwellenländern. "Es darf keine neuen Freihandelsabkommen geben, in denen nicht die Einhaltung der Menschenrechte, ökologische Standards und kulturelle Regeln zur Bedingung gemacht werden", sagte er mit Blick auf Korruption in vielen Ländern Afrikas.

Die Spitzenkandidatin der Grünen zur Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, prangerte Konsum auf Kosten der Armen an. "Textilfabriken stürzen ein, weil wir das hundertste Billig-T-Shirt wollen", sagte sie mit Blick auf die Katastrophe in Bangladesch. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU) forderte die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus Syrien: "Wir sind ratlos, wie das Blutvergießen gestoppt werden kann und haben die Aufgabe, humanitär zu helfen."

Proteste gab es am Samstag beim Auftritt von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Seine Bibelarbeit im Hamburger Michel wurde von Kriegsgegnern mit Zwischenrufen und Gesängen gestört. Auch bei einer Veranstaltung am Nachmittag, bei der de Maizière mit Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Kirchentagspräsident Robbers über Bürgerbeteiligung diskutierte, protestierten eine Handvoll Anhänger der Friedensbewegung mit Transparenten und Sprechchören gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und deutsche Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien.

Der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag stand unter dem Motto "Soviel du brauchst". Das Treffen zog rund 120.000 Dauerteilnehmer und 40.000 Tagesgäste an.

05. Mai 2013