"Den Geist der Zeit prägen" - Kirchen erinnern an globale Verantwortung der Christen

Frankfurt a.M. (epd). Die Kirchen haben an Pfingsten die Christen an ihre globale Verantwortung erinnert. Sie trügen Mitverantwortung nicht für ihre Mitmenschen in ihrem direkten Lebensumfeld, in ihrem Land und auf ihrem Kontinent, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Sonntag in seiner Pfingstpredigt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, rief in seiner Pfingstbotschaft zum Gebet für Menschen in den weltweiten Konfliktherden auf.

"Wenn in Bangladesch Fabriken einstürzen und Hunderte Menschen, die darin für einen Hungerlohn arbeiteten, sterben müssen, dann hat dies etwas mit uns zu tun", mahnte Zollitsch in einem Festgottesdienst zum 150-jährigen Bestehen der Benediktiner-Erzabtei in Beuron. Christen müssten sich fragen, ob sie es verantworten könnten, dass Kleidung und Nahrungsmittel zu Billigpreisen angeboten werden und dass Millionen weggeworfener Elektrogeräte zu Müllhalden in anderen Ländern würden. Die Lösung sei nicht, über den Zeitgeist zu klagen, sondern den Geist der Zeit als Christen zu prägen, forderte der Erzbischof.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider rief zum Gebet für Menschen in den weltweiten Konfliktherden auf. "Die brutale Gewalt in Syrien lässt unseren Atem stocken", erklärte der Theologe. Militärische Kraft könne keinen nachhaltigen Frieden bewirken: "Darum bitten wir besonders an diesem Pfingstfest um Gottes Geist für die politisch Verantwortlichen, die Kämpfenden und alle Opfer in allen Kriegsregionen." Christen sollten trotz aller Existenzängste und Enttäuschungen öffentlich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung eintreten, fügte der Repräsentant von rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland hinzu.

Pfingsten gilt als das "Fest des Heiligen Geistes" und ist nach Weihnachten und Ostern das dritte Hauptfest des Kirchenjahres. Der Name geht auf das griechische Wort "pentekoste" (der fünfzigste) zurück, weil das Pfingstfest seit Ende des vierten Jahrhunderts fünfzig Tage nach Ostern gefeiert wird.

In schwierigen Zeiten sei die Bereitschaft zu aktiver Solidarität nötig, um soziale Ungerechtigkeit und extreme Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu überwinden, unterstrich Kardinal Reinhard Marx im Münchner Dom. Er erinnerte ebenfalls an den Fabrikeinsturz in Bangladesch und mahnte, Christen müssten sich gegen "Strukturen der Ausbeutung" wenden, von denen Unternehmer und Käufer in den reichen Ländern profitierten.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski beklagte das häufig unentschlossene Handeln in Gesellschaft und Kirche. Der Geist der Verzagtheit sei angesichts drängender Fragen nach der Zukunft der Welt, des Landes, der Kirche oft spürbar, sagte Rekowski in seiner Predigt am Pfingstmontag in Ober Kostenz im Hunsrück.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm forderte zum fairen Umgang mit Politikern auf. Um die Zukunftsfragen angehen zu können, seien alle Bürger gefordert. Sie müssten selbst Verantwortung übernehmen und sich für das Gemeinwesen einsetzen, sagte der evangelische Theologe am Sonntag in München.

Der badische Landesbischof Ulrich Fischer sagte in seiner Pfingstpredigt, Gottes Geist könne Menschen begeistern. Die Kirche lebe von solchen Begeisterten, die sich in Wärmestuben und Vesperkirchen engagierten oder ihren Friedensdienst im Ausland an Brennpunkten des Elends absolvierten, sagte der Bischof in Appenweier.

Der Vorsitzende der Kirchenleitung der Nordkirche, Bischof Gerhard Ulrich, ermunterte die Christen, ihren Träumen von einer besseren Welt zu folgen. Er habe den Traum, dass eines Tages diese Welt den Frieden Gottes lebt, sagte der evangelische Theologe in einem Gottesdienst in Tetenbüll auf der schleswig-holsteinischen Nordsee-Halbinsel Eiderstedt.

Der Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes Deutschland, Roland Werner, warnte vor einem Rückzug der Christen aus der Gesellschaft. "Es ist wichtig, dass wir als Christen endlich wieder erkennbar sind und nicht im Untergrund bleiben", sagte Werner beim Gottesdienst der traditionellen CVJM-Pfingsttagung im oberfränkischen Bobengrün.

21. Mai 2013