EKD-Ratsvorsitzender: Religion ist keine Privatsache - Kirchenrechtliches Institut wiedereröffnet

Göttingen (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat Forderungen nach einer strikteren Trennung von Staat und Kirche zurückgewiesen. Religion habe das Recht und den Anspruch, öffentlich zu sein, sagte der Theologe am Montagabend in Göttingen. Wenn Religion aus der Öffentlichkeit verbannt werde, indem "Säkularität als Normalfall konstruiert wird, bleibt Religion als Privatsache übrig, als individualisierte Religion", warnte Schneider laut Redetext. Gerade dies sei aber vom Grundgesetz nicht gewollt. Mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit schaffe die Verfassung auch "eine Freiheit zur Religion".

Schneider äußerte sich anlässlich der Wiedereröffnung des renovierten und erweiterten Kirchenrechtlichen Instituts der EKD. Die Einrichtung diene dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem Modell der "fördernden Neutralität" des Staates gegenüber den Religionsgemeinschaften, wie sie das Bundesverfassungsgericht beschreibe, sagte der EKD-Repräsentant. Dabei müsse das Institut der Rechtswissenschaft ebenso wie der Theologie gerecht werden.

Seit fünf Jahren leitet der Staatsrechtler Hans Michael Heinig das Göttinger Institut. Damit verbunden ist auch die Herausgeberschaft der "Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht". Heinig übernahm 2008 auch die von der EKD eingerichtete Stiftungsprofessur für Öffentliches Recht, insbesondere Kirchen- und Staatsrecht an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen.

Die Anfänge des Kirchenrechtlichen Instituts reichen in das Jahr 1945 zurück. Der Rat der EKD, der nach der Kirchenversammlung von Treysa im August 1945 seine Arbeit aufnahm, beschloss bereits auf seiner dritten Sitzung die Gründung einer Arbeitsstelle für deutsches evangelisches Kirchenrecht mit Sitz in Göttingen. Das Leitungsgremium griff damit einen Vorschlag seines Mitgliedes Rudolf Smend (1882-1975) auf. der Staatsrechtler Smend blieb Leiter des Instituts bis 1969. In der ersten Phase stand die Überprüfung von in der NS-Zeit erlassenem Kirchenrecht auf seine Vereinbarkeit mit Bibel und Bekenntnis im Mittelpunkt.

Parallel rückte die Beratung von EKD, Landeskirchen und kirchlichen Zusammenschlüssen in Fragen des Staatskirchen- und Kirchenrechts in den Vordergrund. Zu den Themen gehören das kirchliche Arbeitsrecht, Staatsleitungen, Religionsunterricht, Beschneidung, Feiertagsrecht, aber auch das Pfarrdienst- und Kirchenbeamtenrecht. Ein weiteres Arbeitsfeld ist die Aus- und Fortbildung des Nachwuchses an Kirchenjuristen.

Referenten am EKD-Institut waren unter anderem die späteren Bundesverfassungsrichter Konrad Hesse und Ernst Mahrenholz. Auf Smend folgte 1970 als Institutsleiter Axel von Campenhausen. Mit diesem Wechsel verlagerte das Institut seinen Standort vorübergehend nach München.

27. Mai 2013