EKD-Ratsvorsitzender gegen Sterbehilfe als Geschäftsmodell

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat vor Sterbehilfe als Geschäftsmodell gewarnt, mit dem Gewinne gemacht werden. Zudem dürfe nicht zugelassen werden, dass die Sterbehilfe durch eine Organisation anonymisiert wird, sagte der Theologe dem Magazin "zeitzeichen" (Juli-Ausgabe). "Sterbehilfe gehört in den Vertrauensbereich von Menschen, die einander hoch verbunden sind, nicht auf die abstrakte Ebene", fügte Schneider hinzu.

Ein entsprechendes Gesetz zum Verbot der erwerbsmäßigen Suizidbeihilfe war in dieser Wahlperiode gescheitert. Die schwarz-gelbe Koalition konnte sich nicht einigen. Das Gesetz sollte Organisationen bestrafen, die mit der Beihilfe zum Suizid, etwa durch Überlassen tödlich wirkender Medikamente, Geld verdienen. Bislang steht dies nicht unter Strafe.

Zum Thema aktive Sterbehilfe sagte Schneider: "Mir macht es durchaus Sorgen, dass es in den Niederlanden mittlerweile ältere Menschen gibt, die Zettel im Portemonnaie haben, auf denen steht: 'Bitte keine Sterbehilfe, auch wenn meine Angehörigen etwas anderes sagen sollten; ich möchte nicht vom Leben zum Tode befördert werden'". Zugleich räumte er ein, dass Menschen in Situationen geraten können, "in denen sie für sich und für ihr irdisches Leben keine Perspektiven mehr sehen".

"Wir können nur hoffen, dass Menschen gerade in extremen Leidenssituationen ihre Entscheidungen in Verantwortung vor Gott treffen können und auch in Verantwortung vor Menschen, die ihnen nahe stehen", betonte Schneider: "Wenn sich ein Mensch unter diesen Bedingungen für Selbsttötung entscheidet, wäre es meines Erachtens unangemessen, verurteilend zu sagen: Nach Gottes Willen ist Selbsttötung grundsätzlich abzulehnen, weil dein Leben eine Gabe ist, über die du nicht eigenmächtig verfügen darfst."

Dennoch halte er an dem Grundsatz fest: "Das Leben ist eine Gabe Gottes. Denn dieser Grundsatz kann uns davor schützen, dass wir mit dem Leben leichtfertig umgehen oder es aus einer augenblicklichen Bedrängung heraus voreilig beenden", unterstrich Schneider.

Seine langjährige Erfahrung als Pastor in der Begleitung sterbender Menschen habe ihm zudem gezeigt, dass der menschliche Wille nicht stabil sei. Schneider: "Ich habe erlebt, dass einer klagte: Hoffentlich kann ich bald sterben! Zwei Tage später: Es ist gut, dass ich das jetzt noch erleben darf." Der Wille des Menschen schwanke, gerade in Extremsituationen. Um einen aktuell geäußerten Willen zu gewichten, bedürfe es einer längerfristigen und intimen Beziehung. "Das kann man nicht geschäftsmäßig abhandeln", sagte Schneider.

28. Juni 2013