Wissenschaftler: Kirchliche Kindergärten oder Hilfsangebote gesellschaftlich erwünscht

Hannover (epd). Die christlichen Kirchen in Deutschland sollten Wissenschaftlern zufolge stärker mit ihren sozialen Angeboten für sich werben. Dies könne helfen, den Mitgliederschwund abzumildern, sagte der hannoversche Sozialethiker Gerhard Wegner am Donnerstagabend in Hannover. Der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) diskutierte bei einer Gesprächsrunde im "Haus der Religionen" über die Zukunft der Religiosität in Deutschland.

Kirchliche Kindergärten oder Hilfsangebote seien gesellschaftlich erwünscht, betonte Wegner. "Die Kirchen genießen wegen solcher Angebote ein hohes Ansehen auch bei nicht-religiösen Menschen." Dieser Umstand könne genutzt werden, um dem allgemeinen Desinteresse an Religion entgegenzuwirken. Hierfür müssten die Kirchen aber auch besser darüber aufklären, wie Religion funktioniere. "Eine zeitgemäße Verteidigung und Erklärung des christlichen Glaubens ist notwendig", empfahl der Theologie-Professor.

Der Mitgliederrückgang der christlichen Kirchen sei ein in ganz Westeuropa zu beobachtendes Phänomen, erläuterte der Münsteraner Soziologe Nils Friedrichs. Zunehmende Individualisierung, gestiegener Wohlstand und alternative Weltdeutungsangebote seien verantwortlich dafür. "Religion ist zu einer von mehreren Wahlmöglichkeiten der Lebensführung geworden", sagte der Sozialforscher. Allerdings wachse nicht die Zahl der Atheisten, sondern die der "religiös Gleichgültigen". "Sie haben einfach nichts mehr mit Kirche zu tun."

Nur noch 25 Prozent der Kinder in Westdeutschland werden nach Angaben des "Religionsmonitors" religiös erzogen. In Ostdeutschland sei es sogar nur jedes achte Kind. Durch fehlende religiöse Sozialisation in der Familie nehme die Bindung an den Glauben mit jeder neuen Generation stärker ab, erläuterte Wegner. In fast allen anderen Teilen der Welt wachse die Zahl christlicher Gläubiger hingegen stark an.

Sozialwissenschaftliches Institut der EKD

20. September 2013