EKD-Ratsvorsitzender: Lerngeschichte der Toleranz nicht abgeschlossen

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat Christen zu mehr Toleranz gegenüber anderen Überzeugungen aufgerufen. "Die Lerngeschichte der Toleranz ist, trotz aller Fortschritte, nicht abgeschlossen", sagte Schneider anlässlich einer Diskussionsveranstaltung am Freitagabend in Berlin.

Die christlichen Kirchen hätten eine lange Geschichte der Intoleranz zurückgelegt, sagte Schneider. "Welcher der Reformatoren aus dem 16. Jahrhundert als Vorbild für eine echte, moderne Toleranz dienen könnte, wird auch am Ende des Themenjahres 'Reformation und Toleranz' der Lutherdekade unbeantwortet bleiben", räumte er ein.

Trotzdem sei der reformatorische Grundgedanke zunächst ein Freiheitsgedanke gewesen, fügte Schneider hinzu. Der Reformator Martin Luther habe Gewalt in Gewissens- und Glaubensfragen abgelehnt. Leider habe aber die Realität des Reformationszeitalters anders ausgesehen.
Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann forderte von Christen eine Toleranz, die nicht nur die eigene, sondern auch die Freiheit der anderen verteidige. "Es wird Zeit, dass die Religionen verlässlicher zum Faktor der Konfliktentschärfung werden, weil sie eine Toleranz kennen, die Unterschiede nicht mit Gewalt vernichten will, sondern als kreative Kraft sehen, die Welt und Zukunft menschenfreundlich gestalten kann", sagte die frühere hannoversche Bischöfin.

Schneider und Käßmann wollten am Freitagabend bei einer Veranstaltung in Berlin über die "Schattenseiten der Reformation" diskutieren. Erwartet wurden unter anderen auch der jüdische Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor.

26. Oktober 2013

www.die-schatten-der-reformation.de