EKD-Auslandsbischof: Kirchen müssen Stimme laut erheben

Der Weltkirchenrat stellt den Schutz religiöser Minderheiten ins Zentrum seiner Arbeit. Mit großer Sorge beobachtet der größte globale kirchliche Bund Fanatismus und Gewalt im Nahen Osten.

Der Weltkirchenrat drängt die Staaten des Nahen Ostens, die Christen und andere religiöse Minderheiten in ihren Ländern besser vor Übergriffen und Gewalt zu schützen. "In den Ländern des Nahen Ostens wie Ägypten, Syrien, dem Irak und dem Iran leben die religiösen Minderheiten in Angst und Unsicherheit", warnte der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) am Donnerstag in einer Erklärung kurz vor Ende der 10. Vollversammlung im südkoreanischen Busan.

Die Unruhen und Konflikte in der Region hätten zu "politischem Radikalismus und religiöser Intoleranz" geführt, erläutert der größte globale Zusammenschluss christlicher Kirchen. In Syrien gehörten die "Entführung von Zivilisten, darunter auch Geistliche, sowie Folter, Massaker und außergerichtliche Hinrichtungen" zum Alltag. In Ägypten seien "besonders die christliche Bevölkerung und die christlichen Gotteshäuser Ziele von Angriffen", beklagt der ÖRK. Am Freitag endet die zehntägige ÖRK-Vollversammlung, zu der rund 3.000 Teilnehmer in die südkoreanische Hafenstadt gereist waren.

Der Schutz der Christen liege im eigenen Interesse der Staaten, unterstreicht der Dachverband mit 350 Mitgliedskirchen und 500 Millionen Gläubigen. "Die in der Region lebenden Christen sind ein wesentlicher Teil ihres Landes, sie leisten einen Beitrag zu den reichen Traditionen, den pluralistischen Gesellschaften und der kulturellen Vielfalt", hält der Weltkirchenrat fest. "Das Versagen der Staaten, religiöse Minderheiten vor Gewalt zu schützen, bedroht das Überleben der Gemeinschaften und stellt eine Verletzung der internationalen staatlichen Verpflichtungen dar."

Der EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte forderte, dass Christen auch gegen die Unterdrückung anderer Glaubensgemeinschaften energisch ankämpfen sollten. "Wir dürfen nicht nur die Christenverfolgung anprangern, sondern müssen ebenso Übergriffe gegen die Mitglieder aller anderen Religionsgruppen verurteilen", mahnte Schindehütte von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Busan an.

"Die Kirchen müssen ihre Stimme laut erheben, egal ob Christen, Muslime, Juden, Buddhisten, Hindus oder Gläubige anderer Richtungen diskriminiert, verfolgt, angegriffen oder vertrieben werden", betonte Schindehütte. Es stehe den Kirchen nicht gut an, ausschließlich die eigenen Glaubensbrüder in Schutz zu nehmen.

Auf der ÖRK-Vollversammlung wurde zudem eine "Erklärung über den Weg zum gerechten Frieden" vorgelegt. Danach gehören Gerechtigkeit und Frieden untrennbar zusammen. "Soziale Gerechtigkeit tritt Privateigentum entgegen, wirtschaftliche Gerechtigkeit dem Reichtum, ökologische Gerechtigkeit dem Konsum und politische Gerechtigkeit Macht an sich", heißt es.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ging auf den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und globaler Gerechtigkeit ein. Beides sei untrennbar verbunden. "Die reichen Industriestaaten müssen ihren Lebensstil radikal ändern und die natürlichen Ressourcen mit den sich entwickelnden Ländern teilen", sagte der evangelische Theologe dem epd am Rande der 10. Vollversammlung.

Die Friedensnobelpreisträgerin von 2011, Leymah Gbowee aus Liberia, rief die Kirchen dazu auf, sich nicht an die Seite der Mächtigen zu stellen. "Wer Frieden stiften will, muss den Herrschenden die Wahrheit sagen und auf Gewalt verzichten", erklärte die Friedensaktivistin auf einem Friedens-Podium: Christen seien "ein Teil des Problems, wenn sie nichts tun."

07. November 2013