Bischof Dröge: Friedhöfe sind "Orte der Trauerkultur"

Kirchen gegen Lockerung von Friedhofszwang

Berlin (epd). Die evangelische Kirche hat sich am Totensonntag gegen eine schleichende Auflösung der Friedhofskultur gewandt. Der Berliner Bischof Markus Dröge rief dazu auf, Friedhöfe stärker als "Orte der Trauerkultur" und des Abschieds zu würdigen. Neben angemessen neuen Formen der Erinnerung an die Toten drohten derzeit negative Entwicklungen wie die Aufbewahrung von Urnen zu Hause. Diesem Trend erteilten Dröge und weitere Bischöfe eine Absage. In Bremen ist ein Gesetz in Arbeit.

Trauer- und Bestattungsrituale veränderten sich zwar beständig, schreibt Dröge in einem Gastbeitrag des Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe). Wenn ein Mensch aber künftig "nach seinem Tod völlig privatisiert" werde und nur noch im Hause des nächsten Verwandten einen Gedenkort finde, würden andere Trauernde vom Abschiednehmen ausgeschlossen.

Es sei zwar verständlich, dass Angehörige sich in ihrer Wohnung einen Ort der Trauer schaffen wollen, so Dröge. Zur Trauer gehöre es aber auch, loslassen zu können. Auch Urnen sollten deshalb nach der ersten Trauerphase von sechs bis acht Wochen auf einem Friedhof beigesetzt werden. Der Bischof sprach sich zugleich gegen anonyme Bestattungen aus. Die Menschenwürde ende nicht mir dem Tod.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister warnte ebenfalls vor einer Lockerung des Friedhofszwangs in Deutschland. Er sei überzeugt, das führe mittelfristig zu einer Auflösung der klassischen Friedhofskultur, sagte der Bischof der größten deutschen Landeskirche am Samstag in einer Videobotschaft zum Ewigkeits- oder Totensonntag. Bremen will als erstes Bundesland erreichen, dass Angehörige die Urne mit der Asche eines Verstorbenen in Zukunft zeitweise zu Hause aufbewahren dürfen.

Meister sieht darin einen Dammbruch und befürchtet einen Prozess, in dem sich die Friedhöfe vollständig verwandeln. Friedhöfe seien Räume, die über die irdische Existenz hinauswiesen und die Vorläufigkeit des Lebens markierten. "Das Leben ist immer noch ausgerichtet auf etwas, was mir bevorsteht", sagte Meister. Existierten Friedhöfe so nicht mehr, sei das ein großer Verlust. Es blieben "nur gepflegte Parks, in denen man herumgeht und irgendwann den Kiefernhain oder die Sonne anbetet, aber nicht mehr darüber nachdenkt, was kommt."

In Bremen soll es künftig möglich sein, die Urne für zwei Jahre zu Hause aufzubewahren. Dann soll sie in einer Grabstätte beigesetzt werden. Die Bremische Bürgerschaft hat den rot-grünen Senat beauftragt, eine entsprechende Änderung des Bestattungsrechts auszuarbeiten. Bislang muss nach dem deutschen Feuerbestattungsgesetz von 1934 eine Urne mit der Asche des Toten zwingend sofort auf Friedhöfen oder Friedwäldern beigesetzt werden.

Mit dem Ewigkeits- oder Totensonntag an diesem Sonntag endet das Kirchenjahr. Neben dem Andenken an die Verstorbenen wird in vielen evangelischen Gottesdiensten zu einem bewussteren Umgang mit der Lebenszeit ermutigt. Am kommenden Sonntag beginnt mit der Adventszeit das neue Kirchenjahr.

25. November 2013