Vizepräsident Gundlach: Ergebnisse der Katholiken-Umfrage bieten "ökumenische Chance"

Hannover (epd). Katholiken und Protestanten stimmen nach Ansicht von Vizepräsident Thies Gundlach vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beim Thema Ehe und Familie weithin überein. Die ethischen Haltungen und moralischen Urteile der Mitglieder beider Kirchen in Fragen von Ehe und Familie hätten sich zunehmend angeglichen, sagte der Theologe in einem epd-Gespräch. "Es gibt eine Ökumene der Basis, die sich von ihren Kirchen gehört, begleitet und gestützt wissen will, nicht aber normiert und beurteilt", folgerte Gundlach aus den Ergebnissen einer Meinungsumfrage unter Katholiken zur Sexualmoral.

Der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, die am Montag die Ergebnisse der Umfrage veröffentlicht hatte, bescheinigte der Vizepräsident, es handele sich um eine mutige und schonungslose Analyse. Die Diskrepanz zwischen katholischer Lehre und Leben sei groß. Und auch wenn diese Diskrepanz im evangelischen Bereich nicht ganz so groß ausfalle, stellten Fragen sozialethischer Orientierung beide Kirche vor Herausforderungen.

Der Mut zur ehrlichen Analyse bietet Gundlach zufolge eine gute Ausgangsbasis für eine ökumenische Gemeinsamkeit, die sich auf die Fragen der Begleitung und Förderung von Ehe und Familie ohne Diskriminierung anderer Lebensformen konzentriert. Gerade im Blick auf diese "pastoralen Herausforderungen" treffe die immer wieder vertretene Behauptung nicht zu, dass die ethischen Positionen der beiden Kirchen auseinanderdrifteten. "Unsere Mitglieder wollen die Hochschätzung der Ehe und Familie nicht um den Preis einer Ausgrenzung von Geschiedenen oder anderer Lebensformen, es gibt so etwas wie eine weit verbreitete Fundamentalliberalisierung der Kirchenvölker", ergänzte der evangelische Theologe.

Ob sich die katholische Lehre der Realität der Lebenseinstellungen anpasse oder nicht, werde sicher nicht von der römisch-katholischen Kirche in Deutschland allein entschieden, gab der Vizepräsident zu bedenken. Aber "der veröffentlichte Text ist auch eine ökumenische Chance", fügte Vizepräsident Gundlach hinzu.

Deutschlands Katholiken halten der Umfrage zufolge die Sexualmoral ihrer Kirche für weitgehend lebensfern und rückschrittlich. Die kirchlichen Aussagen zu Geschlechtsverkehr vor der Ehe, Homosexualität, zu wiederverheirateten Geschiedenen und zur Geburtenregelung fänden bei den Gläubigen "kaum Akzeptanz oder werden überwiegend explizit abgelehnt", bilanzierte die Bischofskonferenz in der Zusammenfassung der Ergebnisse.

Der Vatikan hatte im vergangenen Herbst einen Fragebogen zu Ehe, Familie und Sexualmoral erstellt, um damit eine außerordentliche Bischofssynode vom 5. bis 19. Oktober 2014 zum Thema Familie vorzubereiten. In ihrem Bericht, der nach Rom übermittelt wird, fassen die deutschen Bischöfe rund 1.000 Seiten Rückmeldungen aus den Diözesen, katholischen Verbänden und von Einzelpersonen zusammen.

04. Februar 2014