Käßmann: Sozialstaat braucht Unterstützung aus der Zivilgesellschaft

Kulmbach (epd). Der Sozialstaat braucht nach Auffassung der Theologin Margot Käßmann "mehr Unterstützung aus der Zivilgesellschaft". Mit seinen vielen Aufgaben im sozialen Bereich könne der Staat leicht überfordert sein, sagte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Montag in Kulmbach beim Jahresempfang des Diakonischen Werkes Bayern und des evangelische Kirchenkreises Bayreuth. Es sei nicht möglich, dass sich der Staat "individuell um jeden einzelnen Menschen liebevoll kümmern" könne.

Der Sozialstaat dürfe die Kräfte der Zivilgesellschaft aber nicht nur "aufsaugen", sondern müsse sie aktiv fördern, damit sie unabhängig von ihm selbstorganisierte und sichernde Organisationen sein könnten, sagte Käßmann. Der Sozialstaat diene längst nicht mehr nur der Armutsbekämpfung bei Menschen am Rande der Gesellschaft. Er habe vielmehr eine "elementare sichernde Funktion" auch für die Mitte der Gesellschaft, unterstrich die Theologin.

Angesichts des Zustroms von Flüchtlingen sieht Käßmann den Sozialstaat vor neuen Herausforderungen: "Menschen, die aus Not in unser Land kommen, sind nicht 'Zuwanderer in die Sozialsysteme', sondern Individuen mit eigener Würde, die ein Recht auf Solidarität haben." Nahrung, Obdach, Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung seien ein Menschenrecht, betonte die Theologin.

08. Juli 2014