Bundesregierung verurteilt Welle von Antisemitismus

Berliner Polizei verbietet judenfeindliche Parolen - EKD bekundet Solidarität mit Juden

Berlin/Brüssel (epd). Die antisemitischen Parolen bei Protesten gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen sind auf scharfen Protest der Bundesregierung und anderer EU-Staaten gestoßen. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens verurteilten am Dienstag gemeinsam die judenfeindlichen Demonstrationen in verschiedenen europäischen Großstädten. Der Jüdische Weltkongress reagierte empört auf die antisemitische Hetze. Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, zeigte sich besorgt.

Seit Beginn des Gaza-Konflikts wurde bundesweit und in verschiedenen europäischen Großstädten auf pro-palästinensischen Demonstrationen wiederholt zu Gewalt gegen Juden und Israelis aufgerufen. Am Montagabend war es in Berlin zu Zusammenstößen von Demonstranten und Polizei gekommen. 13 Personen wurden vorläufig festgenommen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verurteilte die antisemitischen Parolen scharf. "Antisemitismus werden wir nicht dulden", sagte der Minister dem Radiosender NDR Info. Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sei zwar erlaubt: "Das Existenzrecht Israels darf unter keinen Umständen infrage gestellt werden", betonte de Maizière.

Der Innenminister forderte Polizei und Staatsanwaltschaften auf, bei entsprechenden Vorfällen auf Demonstrationen einzuschreiten und gegebenenfalls Strafverfahren einzuleiten. Justizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die antisemitischen Parolen als "absolut unerträglich und durch nichts zu entschuldigen". Ähnlich äußerten sich weitere Spitzenpolitiker von SPD, Grünen, Linken und CSU.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider mahnte, Proteste gegen das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen dürften nicht mit menschenverachtender Judenfeindlichkeit verbunden werden. "Es darf nicht sein, dass ein berechtigtes Verlangen nach Frieden in Israel und Palästina missbraucht wird, um Hass, Antisemitismus und Gewalt auf unseren Straßen auszuleben", schrieb der Theologe in einer Solidaritätsadresse an den Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann.

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, verurteilte die antisemitischen Übergriffe und Parolen. "Wieder einmal erhebt das hässliche Schreckgespenst des Antisemitismus sein Haupt in Europa", erklärte er in New York. Die Übergriffe und antisemitische Hetze hätten ein so alarmierendes Niveau erreicht wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, Lauder rief die europäischen Regierungen zu schnellem Handeln auf.

Deutschland, Frankreich und Italien verurteilten die antisemitischen Kundgebungen gemeinsam. "Antisemitische Hetze und Anfeindungen gegen Juden, Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen haben in unseren Gesellschaften keinen Platz", erklärten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), sein französischer Kollege Laurent Fabius und die italienische Außenministerin Federica Mogherini in Brüssel. Das American Jewish Committee (AJC) begrüßte die deutlichen Worte.

Die Berliner Polizei will bei Demonstrationen künftig stärker gegen antisemitische Ausfälle vorgehen. Ein Polizeisprecher sagte, in den Auflagen für pro-palästinensische Kundgebungen werde künftig verboten, zu Gewalt gegenüber Juden oder Israel aufzurufen. Untersagt werden demnach auch Parolen wie das in den vergangenen Tagen skandierte "Jude, Jude, feiges Schwein", "Tod Israel" oder "Tod den Israelis". Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte die Parolen geprüft, dann aber entschieden, dass diese nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten.

23. Juli 2014