EKD-Ratsvorsitzender warnt vor Rückfall in Kalten Krieg

Nikolaus Schneider, oberster Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sieht die Annäherung des Westens an Russland durch den Ukraine-Konflikt infrage gestellt.

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, befürchtet angesichts der Ukraine-Krise einen Rückfall in den Kalten Krieg. Der Gesprächsfaden mit Russland dürfe nicht abreißen, sagte Schneider dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Westen müsse allerdings mit Festigkeit signalisieren, dass Russland nicht in die Ukraine einmarschieren kann. Zugleich äußerte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten "bei größtem Bauchgrimmen" Verständnis für deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak.

Schneider sagte zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, "dass der Hunger auf mehr Land nur geweckt wird, wenn man Annexionen einfach hinnimmt". Auch Bundespräsident Joachim Gauck hatte sich am Montag in Danzig bei den Gedenkfeiern zum 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs entsprechend geäußert.

Der EKD-Ratschef begrüßte, dass die Rede Gaucks zu einer politischen Diskussion geführt hat. Die Debatte sei "einfach notwendig in unserem Land", sagte Schneider. Der Bundespräsident hatte unter anderem erklärt, dass Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen angepasst werden müssten. Kritiker wie der Chef der Partei "Die Linke", Bernd Riexinger, hatten Gauck vorgeworfen, Öl ins Feuer zu gießen und außenpolitische Zurückhaltung des Präsidenten angemahnt.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider sagte: "Wir erleben im Moment eine prekäre Situation. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts hatten wir gehofft, dass die Blöcke, die gegeneinanderstanden, aufgelöst werden könnten und dass es eine Friedensdividende gibt." Es habe gute Abkommen zwischen der Nato und Russland gegeben. "Im Augenblick steht dieses Konzept infrage", sagte Schneider.

Die deutsche Entscheidung zu Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer im Irak nannte er "ganz schwierig". "Wenn man jetzt Waffen liefert, hat man sie aus der Hand gegeben und man weiß nicht, was mit ihnen geschieht", gab der EKD-Ratsvorsitzende zu bedenken. Andererseits seien aber die Peschmerga im Augenblick als einzige in der Lage, den von den Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) bedrohten Menschen "ein gewisses Maß an Sicherheit zu geben". "Vor diesem Hintergrund habe ich bei größtem Bauchgrimmen Verständnis dafür, wenn dorthin Waffen geliefert werden", sagte Schneider.

"Meine favorisierte Lösung für den Nordirak und Syrien wäre ein Beschluss des Weltsicherheitsrates zur Entsendung internationaler Truppen und zur Errichtung einer Sicherheitszone, die aktiv verteidigt wird", sagte der Ratsvorsitzende. Offensichtlich sei der Sicherheitsrat im Augenblick aber dazu nicht in der Lage.

08. September 2014