Evangelische Kirche gegen Grenzkontrollen wegen Flüchtlingen

Darmstadt/Hannover (epd). Die evangelische Kirche lehnt die Einführung von Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes zur Abschreckung von Flüchtlingen ab. Migranten würden dadurch noch stärker in die Arme von Schlepperbanden getrieben, sagte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland, Volker Jung, am Montag in Darmstadt dem epd. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident wandte sich damit gegen Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), der die Einreise von Flüchtlingen aus Italien und Österreich nach Deutschland einschränken will.

"Statt neuer Grenzen und Mauern brauchen wir dringend die immer wieder angekündigte europäische Flüchtlingskonferenz", sagte der Kirchenpräsident. Auf europäischer Ebene müsse ein nachhaltiges Aufnahmekonzept umgesetzt werden. Dazu gehöre, die sogenannte Dublin-Verordnung, die den Ländern an der EU-Südgrenze die Hauptlast für Flüchtlinge aufbürdet, durch ein solidarisches Aufnahmesystem zu ersetzen. Dieses müsse auch den berechtigten Interessen der Schutzsuchenden Rechnung tragen.

Auch wenn die Bundesregierung in diesem Jahr 200.000 Asylsuchende erwarte, seien die Engpässe bei der Unterbringung "alles andere als eine Katastrophe", sagte Jung. Im Libanon lebten zurzeit 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge, die mehr als ein Viertel der libanesischen Gesamtbevölkerung ausmachten. Die deutschen Behörden seien lange von niedrigen Flüchtlingszahlen ausgegangen. "Jetzt brauchen wir dringend eine gemeinsame und außerordentliche Anstrengung von Bund, Land und Kommunen, um die Unterbringung und möglichst schnelle Integration von Asylsuchenden zu gewährleisten", forderte Jung.

Äußerungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, die Bedingungen für Flüchtlinge im Kirchenasyl zu verschärfen, nannte der Kirchenpräsident "besorgniserregend". Die Abteilungsleiterin Ursula Gräfin Praschma hatte am vergangenen Wochenende auf einer Konferenz der "Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche" von Überlegungen der Ausländerbehörden berichtet, die Sperrfrist für Flüchtlinge, die aus anderen EU-Ländern nach Deutschland gereist waren, vor einem Asylantrag zu verlängern. "Es wäre tragisch, wenn ein Streit über die Berechtigung von Kirchenasyl nun auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden sollte", sagte Jung.

Grundsätzlich nähmen Kirchengemeinden Menschen nur in besonderen Härtefällen ins Kirchenasyl auf. Bisher konnten Flüchtlinge, die aus EU-Ländern zugereist waren, nach einem Aufenthalt von sechs Monaten in Deutschland einen Asylantrag stellen. Manche Ausländerbehörden wollen diese Frist nach Praschmas Angaben nun auf 18 Monate verlängern.

09. September 2014