EKD-Friedensbeauftragter Brahms sieht "höchst fragile" Lage in Afghanistan

Bremen (epd). Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, bezeichnet die Situation in Afghanistan als "höchst fragil". Ob die nun beendete Nato-geführte Isaf-Mission am Hindukusch vor diesem Hintergrund als Erfolg gewertet werden dürfe, sei fragwürdig, sagte der leitende Bremer Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). "In Zukunft wird vieles davon abhängen, ob die internationale Gemeinschaft ihre Hilfs-Zusagen einhält."

Zum Jahresende lief der Kampfeinsatz der Isaf-Schutztruppe in Afghanistan nach 13 Jahren aus. Die Nato will aber mit 12.000 Soldaten im Land bleiben. Die Bundeswehr beteiligt sich an dieser Nato-Nachfolgemission, die unter dem Namen "Resolute Support" läuft: Bis zu 850 deutsche Soldaten sollen sich in Masar-i-Scharif im Norden des Landes und in der Hauptstadt Kabul an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte beteiligen.

Zur gegenwärtigen Situation in Afghanistan sagte Brahms, weite Landstriche würden wieder von den Taliban beherrscht, der Drogenanbau sei gewachsen, die Zahl ziviler Opfer hoch. Angesichts dieser Lage wird Brahms zufolge kein Gesamtkonzept deutlich, mit dem neben der Nato-Nachfolgemission "Resolute Support" das Land unterstützt werden soll. "Wenn wir in den zurückliegenden Jahren eines gelernt haben, dann aber doch, dass eine Intervention, die sich auf militärische Mittel beschränkt oder konzentriert, zum Scheitern verurteilt ist", mahnte der Friedensbeauftragte.

Brahms erinnerte an die Zusagen, die Afghanistan Mitte 2012 bei einer Geberkonferenz in Tokio gemacht wurden. Damals sagte die internationale Staatengemeinschaft für die nächsten vier Jahre bis einschließlich 2015 zivile Aufbauhilfen in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar (rund 13 Milliarden Euro) zu. Deutschland steuert jährlich 430 Millionen Euro bei. Entscheidend sei, ob auch mit dieser Unterstützung eine wirtschaftliche Perspektive entwickelt werden könne, sagte Brahms.

Um Erfolge etwa im Bildungsbereich zu schützen, müsse die Staatengemeinschaft außerdem über Jahre hinaus die afghanische Polizei und das Militär unterstützen. "Sie bringen im Augenblick im Kampf gegen die Taliban unglaubliche Opfer." Andererseits sei es richtig gewesen, den Isaf-Kampfeinsatz mit einem klaren Schnitt zu beenden, denn Interventionen dieser Art provozierten und radikalisierten die Bevölkerung. "Es ist ja auch trotz des Einsatzes einer Riesenzahl an Soldaten nicht gelungen, die Taliban dauerhaft zurückzudrängen."

www.ekd.de/friedensbeauftragter

30. Dezember 2014