Glamour und Hoffnung – Evangelische Filmarbeit auf der Berlinale

Dieses Jahr sind es endlich genug. Oft wurde die Berlinale kritisiert, wenn sie zu wenig Stars auf den roten Teppich schickte. Nun, in dieser Hinsicht scheint sie dieses Mal alles richtig zu machen: Nicole Kidman ging im eng anliegenden weißen Kleid mit ihren Filmpartnern James Franco und Damian Lewis über den roten Teppich zur Gala-Premiere ihres Films "Queen of the Desert“. Sie spielt in dem Wüstenepos die Forscherin und Spionin Gertrude Bell, die um den Ersten Weltkrieg herum den Nahen Osten und die Wüsten Nordafrikas bereist. Die Dreharbeiten müssen anstrengend gewesen sein, die australische Schauspielerin bemerkte auf der Pressekonferenz: "Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angekommen, wo ich andere Länder kennenlernen und meine Komfortzone verlassen möchte.“ Auch Natalie Portman ("Black Swan“) und Christian Bale, bekannt aus den letzten "Batman“-Filmen, kamen zur Premiere ihres Films "Knight of Cups“ nach Berlin. Der Regisseur blieb abwesend: Terrence Malick kommt nie zu den Premieren seiner Filme.

Wichtig sind aber auch die, die kein Blitzlichtgewitter auslösen: Für Produzenten aus Ländern ohne große Filmindustrie bietet die Berlinale ein wichtiges Forum zur Vermittlung ihrer Filme. Sie haben es schwer, überhaupt einen Verleih zu finden, und wenn das gelingt, auch bei uns in die Kinos zu kommen. Auch dabei unterstützt sie das Evangelische Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF). Auf der Berlinale betreut es etwa den Dokumentarfilm "La sirène de Faso Fani“ von Michel K. Zongo aus Burkina Faso, der hier seine Weltpremiere hatte. Zongo hat in seinem Film ehemalige Arbeiterinnen und Arbeiter der Textilfabrik "Faso Fani“ in Kodougou interviewt.

2001 wurde die Fabrik geschlossen. Zuvor gab es einen langen Kampf: Auf die Privatisierung folgten Auseinandersetzungen mit Weltbank und Internationalem Währungsfond. Zongo arbeitet mit beeindruckendem Archivmaterial und interviewt Zeitzeugen. Er zeigt die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, die per Hand und an Webstühlen Textilien fertigen. Doch so alt die Methoden auch sind: Die Arbeiterinnen und Arbeiter wollen etwas verändern und gründen eine Kooperative.

Und auch der Glamour-Faktor soll in der evangelischen Medienarbeit eine Rolle spielen: Auf dem traditionellen Ökumenischen Empfang, zu dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) auf der Berlinale einladen, gibt es zwar keinen roten Teppich, aber viele spannende Begegnungen und einen Preis. Vorgestellt wird dort die Ökumenische Jury der internationalen Filmorganisationen der evangelischen und der katholischen Kirche, INTERFILM und SIGNIS, die sich durch die vielen Filme aus den drei großen Sektionen der Berlinale, "Wettbewerb“, "Panorama“ und "Internationales Forum des jungen Films“ hindurcharbeiten. Der tschechische Filmkritiker Lukas Jirsa ist in diesem Jahr der Präsident der sechsköpfigen Jury, die am 14. Februar die prämierten Filme verkünden wird. Der Leserpreis der Filmzeitschrift des Evangelischen Pressedienstes, epd Film, dagegen steht schon fest: Für das Drama "Im Labyrinth des Schweigens“ wurde der Regisseur Giulio Ricciarelli ausgezeichnet.

Landesbischof Ralf Meister von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers hebt in einer Rede die enge Beziehung von Kino und Kirche, Bibel und Film hervor. Die Geschichten der Bibel betrachtete Meister mit kinematographischem Blick: "Gottes Geschichten sind nie abstrakt. Sie ergreifen uns, weil es um eine Beziehungsgeschichte geht. Gott-Mensch, Mensch-Gott, Mensch-Mensch. Und wie im Kino fallen darin alle Zeiten zusammen.“ Und er folgerte: "Diese Geschichten, im Kino wie in der Bibel, können das tägliche Brot sein, nicht nur, weil sie uns unterhalten, weil sie trösten und ermahnen, sondern weil sie uns hoffen lassen auf eine Welt, die noch bevorsteht.“

Auch der Drehbuchautor Fred Breinersdorfer setzt Hoffnung auf den Film, ganz konkret als Mittel gegen Faschismus und Terror. Dafür sieht er in Kunst und Kultur ein noch viel zu wenig genutztes Potenzial, "eine echte Chance, die Herzen der Menschen zu erreichen“. Für den Film gebe es viele spannende Themen aus der Bibel und der Kirchengeschichte, "die sich lohnen könnten". Die Filmindustrie suche ständig Stoffe, die Kirchen müssten daher aktiv mit inhaltlichen Angeboten auf Filmschaffende zugehen. "Missionieren Sie deshalb geschickt die Redaktionen der Fernsehsender", appellierte er als Gastredner auf dem Ökumenischen Empfang an die Kirchenvertreter – ein an dieser Stelle überraschender Aufruf zur Mission, der keineswegs von kirchlicher Seite kam.

Rudolf Worschech/ekd.de

10. Februar 2015