Evangelische Kirche weist Kritik an Kirchenasyl zurück

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wehrt sich gegen die Kritik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Kirchenasyl. "Das Kirchenasyl ist eine gute humanitäre Tradition in unserem Land, die dem an Menschenwürde orientierten Geist unseres Rechts entspricht", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Die evangelische Theologin und Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 Margot Käßmann betonte, es gebe sehr gute Erfahrungen mit dem kirchlichen Flüchtlingsschutz.

Bedford-Strohm wies insbesondere de Maizières umstrittenen Scharia-Vergleich zurück. "Mit der Scharia hat das nun wirklich gar nichts zu tun", sagte der bayerische Landesbischof dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der Innenminister, der selbst evangelischer Christ ist, hatte im Zusammenhang mit dem Kirchenasyl gesagt, auch die Scharia als "eine Art Gesetz für Muslime" dürfe nicht über deutschen Gesetzen stehen. Zuvor hatte er sich "prinzipiell und fundamental" gegen den kirchlichen Flüchtlingsschutz gewandt. Er warf den Kirchen vor, sich damit über geltendes Recht hinwegzusetzen.

Käßmann schrieb in der "Bild am Sonntag", in 90 Prozent der Fälle zeige sich, "dass die Zeit, die das Kirchenasyl gibt, tatsächlich Zeit zur Prüfung bringt und dass am Ende ein gesicherter Aufenthaltsstatus steht". Es handele sich um sehr engagierte Gemeinden, die es unwürdig fänden, "bedrohte Flüchtlinge jahrelang in Europa herumzuschicken", schrieb die EKD-Reformationsbotschafterin in ihrer wöchentlichen Kolumne. Sie sei stolz auf diese Menschen, "die 'das Flüchtlingsproblem' nicht mehr akzeptieren, sondern die einzelnen Menschen sehen mit ihren Namen und Geschichten." Die Kirchen hätten für das Verfahren schon seit mehr als 30 Jahren interne Regeln aufgestellt, erklärte Käßmann. Die Praxis sei stets gewesen, alle zuständigen Behörden zu informieren.

Auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sowie die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, haben das Kirchenasyl verteidigt. Unterstützung erhielt de Maizière hingegen von der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner. "Ich kann verstehen, dass die Kirchen die Betroffenheit im Einzelfall umtreibt", sagte sie dem "Spiegel". Allerdings wäre de Maizière ein "schlechter Verfassungsminister, wenn er sagte, die Gesetze gelten nur für die einen und für die anderen nicht".

Hintergrund des Streits ist die stark steigende Zahl der Kirchenasyle. Gegenwärtig gibt es etwa 200 Fälle mit 359 Personen, darunter 109 Kinder. Beim Kirchenasyl handelt es sich um eine befristete Aufnahme von Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Die Praxis bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will die Bedingungen für die Betroffenen verschärfen. Sie sollen für "flüchtig" erklärt werden, obwohl ihr Aufenthaltsort bekannt ist. Die Kirchen lehnen die geplanten Neuregelungen ab.

16. Februar 2015