Zehn Jahre Nagelkreuzgemeinschaft der Dresdner Frauenkirche

Dresden. 70 Jahre nach der Zerstörung Dresdens hat der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, in einem Gottesdienst in der Frauenkirche für Frieden und Versöhnung geworben. Bis vor wenigen Jahren hätten sich Mittel- und Westeuropa sicher fühlen können, und niemand habe sich vorgestellt, dass Europäer sich wieder auf dem Schlachtfeld bekämpften, sagte das geistliche Oberhaupt der Kirche von England in seiner Predigt. An dem Gottesdienst wirkten auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sowie der Bischof und der Dean von Coventry, Christopher Cocksworth und John Witcombe, mit.

Der Gottesdienst stand im Zeichen der Aufnahme der Frauenkirche in die internationale Nagelkreuzgemeinschaft, die ihren Ursprung in Coventry hat. Kurz nach der Zerstörung der englischen Stadt durch deutsche Bomber 1940 hatte der damalige Dompropst Richard Howard die Gemeinschaft gegründet, der heute 160 Nagelkreuzgemeinden angehören. In der zerbombten Kathedrale von Coventry ließ Howard die Worte "Father forgive" ("Vater vergib") einmeißeln. Zimmermannsnägel aus dem zerstörten Gotteshaus wurden zu Kreuzen zusammengefügt. Vor zehn Jahren erhielt die Frauenkirche in Dresden ein Nagelkreuz.

Der Erzbischof von Canterbury verwies auf Konflikte in verschiedenen Regionen: "Wir schauen Richtung Osten und sehen die Ukraine von Invasion bedroht." Im Nahen Osten und in Afrika würden durch die Terrorgruppen "Islamischer Staat" und Boko Haram unbeschreibliche Grausamkeiten begangen, die zudem noch als "von Gott offenbarte Religion maskiert" würden. Zwar sei der "Schrei der Unterdrückten" zu hören, aber dennoch gebe es in Teilen der Welt mehr Wohlstand, bessere Medizin, gesündere Wohnverhältnisse und bessere soziale Beziehungen als je zuvor, sagte Welby.

Welby war fünf Jahre lang am Internationalen Zentrum für Versöhnung in Coventry tätig. Seither hätten die Leiden Europas und die schrecklichen Ereignisse vor 70 Jahren sein Engagement für Versöhnung in vielen Teilen der Welt bestimmt, sagte der Erzbischof. Versöhnung als Gabe Gottes müsse genährt und gepflegt werden.

Am 13. Februar hatte der Erzbischof an der offiziellen Gedenkveranstaltung in der wiederaufgebauten Frauenkirche teilgenommen. Bundespräsident Joachim Gauck sagte vor rund 1.400 geladenen Gästen, für die Stadt sei die Bombennacht vom 13. Februar 1945 "zur tiefen Zäsur, zum Bezugspunkt einer Auseinandersetzung um Selbstverständnis und Identität" geworden. Anschließend erinnerten rund 10.000 Dresdner mit einer Menschenkette an die Zerstörung und setzten zugleich ein Zeichen für Toleranz.

Als Teil der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Zerstörung wurde am 14. Februar der britische Herzog von Kent, Prinz Edward, mit dem Dresdner Friedenspreis geehrt. Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung würdige Edwards Beitrag zur Versöhnung zwischen Großbritannien und Deutschland, erklärte der Verein Friends of Dresden Deutschland. Der Herzog von Kent, Cousin der britischen Königin Elizabeth II., ist seit 1994 Schirmherr des Dresden-Trusts. Der Friedenspreis wird seit 2010 jährlich um den 13. Februar vergeben.

epd/ekd.de

16. Februar 2015