Bedford-Strohm fordert Christen zu einer Willkommenskultur gegenüber Fremden auf

Berlin (epd). Steigende Flüchtlingszahlen, die Debatte über ein Einwanderungsgesetz, der Streit ums Bleiberecht besonders für minderjährige Flüchtlinge: Asyl- und Zuwanderungspolitik gehört derzeit zu den bestimmenden Themen auf der innenpolitischen Agenda. Am Dienstag hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Kirchen, Flüchtlingsorganisationen und Kommunen zu einer Tagung in Berlin zusammengeholt, um darüber zu diskutieren. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. De Maizière wollte weniger über Gesetze, sondern mehr über die gesellschaftliche Stimmung reden.

In seiner Eröffnungsrede sprach sich de Maizière (CDU) für ein nationales Bündnis für Migration und Integration mit allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen aus. Es gehe um die Frage, wie die Menschen zusammenleben wollten, sagte er. Im zweiten Halbjahr will er Vertreter gesellschaftlicher Gruppen zu einer ersten Gesprächsrunde einladen. Die Teilnehmer stehen noch nicht fest.

Der Minister forderte außerdem die Wirtschaft auf, sich stärker für Fachkräfte aus dem Ausland zu bemühen. Das könne nicht vornehmlich Sache des Staates sein. Die Attraktivität Deutschlands im Ausland müsse gesteigert werden.

In Diskussionen unter Fachleuten aus Kommunen, Verbänden und Instituten kamen auch die Schattenseiten der Zuwanderung zur Sprache. Die Demonstrationen von "Pegida" in Dresden und der Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Tröglitz sind keine Werbung bei ausländischen Fachkräften. Das seien verheerende Bilder, sagte de Maizière.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte Politiker dazu auf, genau darauf zu achten, welches Bild von Zuwanderern sie in ihren Äußerungen zeichneten. Wer Angst schüre, brauche sich nicht wundern, dass nur wenige kommen, sagte er bei einer Podiumsdiskussion. Bedford-Strohm forderte Christen zu einer Willkommenskultur gegenüber Fremden auf. Dies gehöre zum Kern christlichen Glaubens.

Andere Diskutanten brachten indes doch wieder das Einwanderungsgesetz aufs Tapet, dessen Sinn de Maizière weiter infrage stellt. Die Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Christine Langenfeld, sagte, es könnte eine Art Werbebanner für Deutschland sein. Immerhin gebe es nach außen, aber auch nach innen das Signal, das Zuwanderung gewollt sei.

De Maizière sagte dagegen, ein Gesetz ändere die Wirklichkeit noch nicht. Auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, äußerte sich skeptisch. Man könne die bestehenden Regelungen besser machen, sagte er. Ein neues Gesetz dauere aber zu lange. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sprach sich für Regelungen aus, die leichter zu verstehen sind. Momentan brauche quasi jeder Zuwanderer einen Juristen an der Seite, um überhaupt zu verstehen, was er tun müsse.

Bei der Opposition stieß die Konferenz auf Kritik. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, warf der Tagung Stillstand vor. Zuwanderungsmarketing allein reiche nicht, um Deutschland als Einwanderungsland attraktiver zu machen, sagte sie in Berlin. Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, lehnte einen ökonomischen Fokus in der Einwanderungsdebatte ab. Angesichts eines "ausufernden Rassismus" müsse die Politik aufhören, Debatten darüber zu führen, wer angeblich nützlich oder unnütz sei. Dies sei "Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten", sagte sie.

15. April 2015