Früherer hessen-nassauischer Kirchenpräsident Steinacker ist tot

Darmstadt/Frankfurt a.M. (epd). Der frühere hessen-nassauische Kirchenpräsident Peter Steinacker ist tot. Der 71-Jährige starb nach schwerer Krankheit am Dienstagabend in Frankfurt am Main, wie der Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Rahn, am Mittwoch in Darmstadt mitteilte. Steinacker war Ende 1992 zum fünften Kirchenpräsidenten der EKHN gewählt worden und stand der Kirche von 1993 bis 2008 vor. Ende 2008 übergab er das Amt an seinen Nachfolger Volker Jung und trat in den Ruhestand.

"Mit Steinacker verliert die evangelische Kirche einen klar profilierten Theologen des offenen und kontroversen Dialogs", sagte Kirchenpräsident Jung. Steinacker habe in Diskussionen "mutig und kantig" Position bezogen, dabei sei ihm stets eine klare theologische Argumentation wichtig gewesen. Besonders habe ihm am Herzen gelegen, die Kirche mit gesellschaftlichen Bereichen ins Gespräch zu bringen, die oft nicht im kirchlichen Blickfeld seien. So habe er regelmäßige Kontakte zum Sport, zu Unternehmen, Universitäten, zur Politik, Bundeswehr und zur Kultur geknüpft.

Jung wies darauf hin, dass Steinacker sich "herausragende Verdienste im Dialog mit dem Islam" erworben habe. Er sei zu einem "profunden Kenner und Förderer des christlich-islamischen Dialogs" geworden. Auf seine Initiative hin habe die Landeskirche mit Hochschulen in Kairo und Beirut Kontakte geknüpft. Wachsam habe Steinacker gesellschaftliche und kirchliche Veränderungen wahrgenommen und die Herausforderungen für die Kirche aufgegriffen. So habe er die Übersetzung der 2006 erschienenen "Bibel in gerechter Sprache" gefördert und die Gründung der Arbeitszentren der hessen-nassauischen Kirche auf den Weg gebracht.

Präses Ulrich Oelschläger würdigte für die Synode Steinacker als "hochgebildeten intellektuellen Denker mit weitem Horizont". Er habe seine Kirche "immer mit theologischer Prägnanz und gesellschaftspolitischer Relevanz" geführt, sagte er.

Der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, würdigte Steinacker als weltoffenen und leidenschaftlichen Theologen: „Ich bin Peter Steinacker zum ersten Mal beim Arbeitskreis Kirche und Sport begegnet. Darin zeigt sich die Vielfalt seines Engagements. Was ihn besonders auszeichnete, war  eine besondere Verbindung von Zeitzugewandtheit und Menschenzugewandtheit“, so Bedford-Strohm.

In der EKD hatte sich Steinacker in zahlreichen Ämtern und Aufgaben engagiert, so zum Beispiel als Vorsitzender des Kontaktausschusses des Rates der EKD mit dem Evangelisch-theologischen Fakultätentag, als Mitglied des Beirates der Seelsorge an Soldaten der Bundeswehr, und im Deutsch-Polnischen Kontaktausschuss der EKD. Darüber hinaus war Steinacker Herausgeber der dritten und vierten kirchlichen Mitgliedschaftsuntersuchung (KMU) sowie Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags.

„Unsere Kirche erinnert sich mit großem Dank an ihn“, so Bedford-Strohm; „möge Gott seine Verheißungen an ihm und denen, die um ihn trauern, vollenden; in den Losungen des Todestages heißt es: `Du führst, Herr, meine Sache und erlöst mein Leben´ (Klagelieder 3, 58)“.

Steinacker wurde 1943 in Frankfurt am Main geboren. Ab 1965 studierte er Theologie und Philosophie in Frankfurt, Tübingen und Marburg und wurde 1973 mit einer Arbeit über "Das Verhältnis der Philosophie Ernst Blochs zur Mystik" promoviert. Er absolvierte das Vikariat in Marbach bei Marburg und war Assistent an der Marburger Universität. 1975 wechselte er als Assistent an die Gesamthochschule Wuppertal, wo er Altes Testament und Systematische Theologie lehrte. Ordiniert wurde er 1979 in der rheinischen Kirche. 1980 habilitierte er in Marburg mit einer Arbeit über die "Kennzeichen der Kirche". 1986 wurde Steinacker dort zum Honorarprofessor im Fach Systematische Theologie ernannt. Von 1985 bis 1993 war er Gemeindepfarrer in Wuppertal.

Im Dezember 1992 wählte die Landessynode Steinacker zum Kirchenpräsidenten. Er trat das Amt im März 1993 an, im Jahr 2000 wurde er für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Die Bildungsverantwortung der Kirche sowie der Dialog mit dem Islam zählten zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Zudem beschäftigte er sich intensiv mit dem Werk Richard Wagners und hielt regelmäßig Vorträge bei den Festspielen in Bayreuth. Bundesweit engagierte er sich unter anderem im Deutsch-Polnischen Kontaktausschuss der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), als Vorsitzender des Kontaktausschusses des EKD-Rates mit dem Evangelisch-theologischen Fakultätentag und im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags.

Für seine Verdienste um die wissenschaftliche Theologie erhielt Steinacker im Jahr 2000 die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Evangelische Theologie der Frankfurter Goethe-Universität. Im Jahr 2009 erhielt er gemeinsam mit Kardinal Karl Lehmann, dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn, und dem Schriftsteller und Islamwissenschaftler Navid Kermani den Hessischen Kulturpreis.

15. April 2015