Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin von "Brot für die Welt", wird 60

Berlin (epd). "Nur Cornelia, um es einfacher zu machen." Die Präsidentin von "Brot für die Welt" stellt sich bei Umweltorganisationen in Indien ganz unprätentiös vor, denn sie weiß, dass ihr Nachname Füllkrug-Weitzel für indische Zungen schwer auszusprechen ist. Seit 1999 steht die Pfarrerin an der Spitze des inzwischen größten evangelischen Hilfswerks in Europa mit einem Jahresetat von mehr als 250 Millionen Euro. Am 12. Mai wird die lebhafte Theologin mit dem rötlich-blonden Haar 60 Jahre alt.

Regelmäßig reist sie in ferne Länder, informiert sich über das Schicksal syrischer Flüchtlinge in Jordanien, diskutiert mit indischen Umweltschützern Zukunftsstrategien und spricht mit Dorffrauen über ihre neuen Herde. "Im Mittelpunkt der Solidarität stehen die Menschen", sagt Füllkrug-Weitzel. Jeder Einzelne soll in seinen Fähigkeiten zum Handeln gestärkt werden: Hilfe zur Selbsthilfe ganz praktisch.

Füllkrug-Weitzel wurde am 12. Mai 1955 in Bad Homburg im Taunus geboren. Die Pfarrerstochter studierte Theologie, Politik und Erziehungswissenschaften in Tübingen und Berlin. Danach war sie unter anderem am Berliner Missionswerk und als Menschenrechtsreferentin bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tätig.

"Die Hoffnung auf ein Leben in Würde nie aufgeben"

Besonders wohl fühlt sich Füllkrug-Weitzel in Brasilien, Südafrika und Vietnam. Aber auch in Indien fragt und diskutiert sie unermüdlich, wenn es um Klimaschutz an der Basis oder auf höchster Ebene geht. "Der Klimawandel lässt uns gar keine andere Möglichkeit, als neue Allianzen zu suchen und einzugehen – quer durch alle Ländergruppen", schreibt sie Indiens Regierung ins Stammbuch. Das Schwellenland könne auf der Weltklimakonferenz im Dezember in Paris zum Blockierer oder zum Vorreiter werden.

Füllkrug-Weitzel schätzt ein ehrliches Wort und gilt als Vielarbeiterin, die auch ihrem Umfeld einiges abverlangt. Aber sie ist auch spontan: Als Dorffrauen in Indien einen Tanz für die Gäste aus Deutschland aufführen, reiht sich die frühere Sportschwimmerin beherzt mit ein – trotz lädierter Achillessehne. Die Theologin ist verheiratet. 2009 erlitt das Ehepaar einen schweren Schicksalsschlag, als ihr Sohn Florian kurz vor dem Abitur plötzlich starb.

Aus der christlichen Osterbotschaft erfährt Füllkrug-Weitzel die Kraft Gottes, die Fesseln von Tod, Selbstzerstörung, Hass und Feindschaft sprengt: "Wir müssen all das nicht als Schicksal hinnehmen, die Hoffnung auf ein Leben in Würde nie aufgeben – nichts geringeres bedeutet der Auferstehungsglaube für mich." Am 1. Advent eröffnet die Pfarrerin die alljährliche Spendenaktion "Brot für die Welt" und rückt das Thema der weltweiten Gerechtigkeit in den Mittelpunkt.

Der Blick über den Tellerrand ist ihr wichtig

Der Blick über den Tellerrand ist Füllkrug-Weitzel wichtig. So baute sie das weltweite Netzwerk christlicher Hilfswerke, Act Alliance, mit auf. Der Kampf gegen Hunger, Armut und Unterdrückung ist für sie ohne politische Veränderungen nicht denkbar. Der Wegzug des Diakonischen Werkes der EKD, in dem "Brot für die Welt" angesiedelt ist, aus Stuttgart, fiel ihr leicht, freute sie sich doch auf Berlin, wo es zur Fusion mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst kam.

Für Überraschung sorgte Füllkrug-Weitzel, als sie 2013 in das Schattenkabinett von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück eintrat. Ihre Leitungsämter bei "Brot für die Welt" ließ sie ruhen, als sie im Wahlkampf gegen den damaligen Entwicklungsminister Dirk Niebel antrat. Mit dem FDP-Mann legte sie sich an, weil er sich teils sehr polemisch gegen die Werte von Solidarität wandte, die für die Theologin unverzichtbar sind. Dass sie doch nicht Ministerin wurde, sondern Gerd Müller (CSU), schien Füllkrug-Weitzel zu verschmerzen. Ihren Ausflug in die Politik bezeichnete sie dennoch als spannend, weil sie am Koalitionsvertrag mitschreiben konnte.

Im vereinigten Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) ist die Pfarrerin 2014 in den Vorstandsvorsitz aufgerückt und steht damit an der Spitze einer Organisation, die bundesweit zu den größten Arbeitgebern gehört. Ob im Rat der EKD, bei dessen Sitzungen die EWDE-Chefin ständiger Gast ist, oder als Vertreterin der Hilfsorganisationen im ZDF-Fernsehrat – Cornelia Füllkrug-Weitzel gehört in der Republik zu den am besten vernetzten Streitern für die Anliegen der Menschen des Südens im Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit.

Elvira Treffinger (epd)

12. Mai 2015