Bericht der UN-Welternährungsorganisation FAO: Zahl der Hungernden sinkt unter 800 Millionen

Berlin/Rom (epd). Leichte Fortschritte im Kampf gegen den Hunger: Die Zahl der Unternährten weltweit ist nach Angaben der Vereinten Nationen auf 795 Millionen Menschen gesunken. Damit hungerten 2014 zehn Millionen Menschen weniger als im Jahr davor, wie aus einem in Rom veröffentlichten Bericht der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) hervorgeht. Die Deutsche Welthungerhilfe bewertete die Erfolge als zu gering. Die Präsidentin der Organisation, Bärbel Dieckmann, appellierte an die G-7-Staaten, auf ihrem Gipfel in Elmau eine Trendwende einzuleiten.

Die Entwicklung fiel in den Weltregionen unterschiedlich aus. In Südasien, Ostasien und Südostasien ging die Zahl der Hungernden laut FAO um 14 Millionen Menschen auf 486 Millionen zurück. In Afrika haben dagegen weiter 220 Millionen Menschen nicht genug zu essen, 23 Prozent der Bevölkerung.

FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva rief zu weiteren Anstrengungen auf. "Wir müssen die Null-Hunger-Generation werden", sagte er in Rom. Die Entwicklungen zeigten, dass die Überwindung von Unterernährung möglich sei. "Wir können es tatsächlich noch erleben, die Geißel des Hungers auszurotten", betonte er. Die Hälfte der Hungernden lebe in Schwellenländern. Dies zeige, dass Wachstum allein nicht ausreiche, sondern die Wirtschaftspolitik alle Bevölkerungsschichten einschließen müsse.

Die Staatengemeinschaft will ein Ende des Hungers bis 2030 in die Nachhaltigkeitsziele aufnehmen, die im September auf einem UN-Gipfel in New York feierlich beschlossen werden sollen. Die Welthungerhilfe ist skeptisch. "Wir sind in der Hungerbekämpfung immer noch zu langsam", kritisierte Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann. Beim jetzigen Tempo würde das Ziel einer von Hunger befreiten Welt erst 2060 erreicht.

Auch die Hilfsorganisation Oxfam verlangte ein Umsteuern: "Es ist bereits heute absehbar, dass der Hunger bis 2030 nicht beendet wird, wenn die Regierungen nicht vom Schneckentempo in den Turbogang umschalten", sagte die Oxfam-Expertin Marita Wiggerthale.

Im Vergleich zu 1990 sank laut FAO der Anteil der Hungernden in den Entwicklungsländern insgesamt trotz starken Bevölkerungswachstums von 23 auf knapp 13 Prozent. Das beim Welternährungsgipfel von 1996 gesetzte Ziel, die Zahl der Hungernden zu halbieren, erreichten den Angaben zufolge 29 von 129 beobachteten Ländern. Insgesamt 72 Staaten schafften es, den Anteil der Hungernden an der Bevölkerung zu halbieren.

Die Welthungerhilfe und Oxfam forderten stärkere Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die immer noch 70 Prozent der Nahrungsmittel in den Entwicklungsländern produziere. Die die sieben wichtigsten Industrienationen (G-7) hätten ihre Mittel für den Kampf gegen den Hunger seit 2010 von 11,3 auf 8,65 Milliarden US-Dollar in 2013 reduziert.

Entwicklungsorganisationen warnen unterdessen vor einer weiteren Machtkonzentration auf dem weltweiten Saatgutmarkt. 75 Prozent des Saatguts lägen bereits in der Hand von zehn Konzernen, heißt es in einer gemeinsam veröffentlichten Broschüre "Konzernmacht grenzenlos: Die G7 und die weltweite Ernährung". Neun der zehn Konzerne stammten aus G-7-Staaten, darunter Monsanto, Dupont und Bayer CropScience. Durch Marktdominanz und konzernfreundliche Gesetzgebungen würden Bauern kriminalisiert, wenn sie eigenes Saatgut züchteten und damit handelten, kritisieren die Autoren von "Brot für die Welt", Misereor, Fian und vier weiteren Organisationen.

27. Mai 2015