Bedford-Strohm lehnt TTIP ab

Stuttgart (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, lehnt das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA ab. Es gebe viele Anzeichen dafür, dass das Abkommen sozialpolitischem und ökologischem Fortschritt nicht nützen werde, sagte er am Freitag auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart. "Deswegen kann ich nach dem gegenwärtigen Stand eine Zustimmung zu TTIP nicht empfehlen", sagte Bedford-Strohm. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) rief indes zu einer besonneneren Debatte auf. Das Abkommen sei längst nicht beschlossen.

Der Vizekanzler ergänzte, es könne nicht der Anspruch einer aufgeklärten Gesellschaft sein, "schon abzulehnen, bevor fertig verhandelt wurde". Außer in Österreich finde sich nirgendwo in Europa eine ähnlich hitzige Debatte zu dem Abkommen wie in Deutschland. "Ich glaube nicht, dass das daran liegt, dass wir klüger sind als die anderen", sagte Gabriel. Befürworter und Gegner des Freihandelsabkommens sollten versuchen, die jeweils andere Sichtweise besser zu verstehen.

Vertreter des globalisierungskritischen Netzwerks Campact überreichten Gabriel zu Beginn der Veranstaltung knapp 400.000 Unterschriften mit der Forderung, die Verhandlungen zu stoppen. Im Publikum hielten viele Gäste Schilder hoch mit der Aufschrift "Stop TTIP" oder "Stop Ceta", ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada.

Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, wies auf die enge Verknüpfung von Armut, Handels- und Flüchtlingspolitik hin. Vorausschauende Flüchtlingspolitik bestehe vor allem darin, endlich die himmelschreiende Ungerechtigkeit in der Welt zu beenden, damit niemand mehr aus Armut sein Land verlassen müsse. "Handelspolitik ist die Flüchtlingspolitik der Zukunft", fügte er hinzu.

Zudem befürchte er, dass ärmere Länder durch ein Abkommen wie TTIP weiter von den Weltmärkten "abgekoppelt" werden könnten. Als Folge drohe "eine Entwicklungspolitik, die nur die Reparatur des Wirtschaftssystems ist", und das mache keinen Sinn, sagte Bedford-Strohm.

"Ein faires Welthandelssystem könnte einen großen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten", ergänzte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel. Bei TTIP gehe es bislang vor allem darum, die Wettbewerbsposition der Partner gegenüber China zu verbessern, etwa im Bereich der Dienstleistungen. Über Sozial- oder Umweltstandards sei noch gar nicht verhandelt worden.

Gabriel erwiderte, wer die Standards auf der Welt verbessern wolle, könne sich Verhandlungen mit den USA als Treiber der Globalisierung nicht verweigern. Es sei besser, wenn sich Europa und die USA um gemeinsame Standards bemühten, als wenn die USA und China dies in einem Abkommen täten, sagte der SPD-Vorsitzende und stellte klar: "Kein Freihandelsabkommen der Welt kann Gesetze ändern." Einem Abkommen, dass die Einrichtung der umstrittenen Schiedsgerichte vorsehe, werde die SPD nicht zustimmen. Auch sei "völlig klar", dass durch TTIP keine gentechnisch veränderten Lebensmittel aus den USA nach Europa kommen werden.

6. Juni 2015