Spitzendrucke ältester Bibelübersetzungen: Ausstellungseröffnung im Bibelhaus-Museum

EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm, Direktor des Bibelhaus-Museums, Jürgen Schefzyk, EKHN-Kirchenpraesident Volker Jung, Bundespräsident Joachim Gauck, und Thomas Kreuzer, und Vorsitzender der Frankfurter Bibelgesellschaft (v.l.) bei der Eröffnung der Ausstellung "Luthers Meisterwerk". (Foto: epd-bild/Jochen Günther)Frankfurt a.M. (epd). Bundespräsident Joachim Gauck hat die Lutherbibel als eines der wichtigsten geistigen und kulturellen Erzeugnisse der deutschen Nation bezeichnet. Die Bibelübersetzung Martin Luthers sei "unser aller Buch geworden", sagte Gauck am 15. September in Frankfurt am Main. Als "Sprachkünstler im Nebenberuf" habe der Reformator die Seele der deutschen Sprache lebendig werden lassen, "weil ihm das Seelenheil seiner Deutschen am Herzen lag", ergänzte das Staatsoberhaupt.

Gauck sprach bei der Eröffnung der Ausstellung "Luthers Meisterwerk – ein Buch wie eine Naturgewalt", die im Frankfurter Bibelhaus-Museum gezeigt wird. Mit originalen Bibeln aus dem 15. und 16. Jahrhundert, multimedialen Angeboten und einem umfangreichen Begleitprogramm wird die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der Lutherbibel illustriert. "Luther hat uns nicht nur das Wort Gottes auf deutsch geschenkt – ... – er hat auch Begriffe und Sprachbilder gefunden, die die deutsche Sprache und das Denken auf deutsch bis heute prägen", sagte der Bundespräsident.

"Verankerung des Wort Gottes in den Seelen der Menschen" als Ziel

In erster Linie habe Luther sich als Seelsorger verstanden, sagte Gauck, der von Haus aus evangelischer Pfarrer ist. In einer heute kaum noch vorstellbaren Dringlichkeit sei es ihm um das eigene Seeleheil und das der Mitmenschen gegangen. Die ganze Kraft und Präzision, die Sprachgewalt und der poetische Zauber von Luthers Übersetzung der Heiligen Schrift habe allein die "Verankerung des Wort Gottes in den Seelen der Menschen" als Ziel gehabt.

Die letzte von Martin Luther redigierte Ausgabe der "Biblia Deutsch" von 1545. (Foto: epd-bild/Jochen Günther)Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, die Lutherbibel mit ihrer starken Wirkung auf die deutsche Sprache gehöre bis heute zum kulturellen Gedächtnis. Das Bibeldeutsch des Reformators sei mit vielen Wendungen fester Bestandteil des Deutschen. "Jede Revision – jede Anpassung der Lutherübersetzung an den sich wandelnden Gebrauch einer Sprache, die ja etwas sehr Lebendiges ist, bedarf darum besonderer Behutsamkeit", warb der Landesbischof. Am 16. September nimmt Bedford-Strohm auf der Wartburg die aktuelle Überarbeitung der Lutherbibel entgegen, sie wird zum Reformationstag 2016 offiziell eingeführt.

Zum Erfolg der Lutherbibel haben Bedford-Strohm zufolge neue mediale Möglichkeiten beigetragen, wie günstige Preise und weite Verbreitung durch neue Drucktechniken. Die evangelischen Kirchen hätten die Bibel durch den Gebrauch im Gottesdienst und Schulunterricht "unters Volk gebracht", ergänzte der Ratsvorsitzende, der Schirmherr der Ausstellung ist.

Kreative Formen kulturellen Gedächtnistrainings

Mit der kulturellen Bedeutung von Luthers Bibelübersetzung hänge deren religiöser Gebrauch eng zusammen, sagte Bedford-Strohm. Dabei beziehe sich die Bibel unmittelbar auf das eigene Leben. "Dafür muss man sich entscheiden. Das ist mit Anstrengung verbunden, und zwar nicht nur intellektueller." Beim religiösen Gebrauch der Bibel sei gleichermassen Fremdheit und Zugänglichkeit zu erfahren. Der Theologe räumte zugleich ein, dass die Prägekraft der Bibel nachlasse. "Es gibt so etwas wie einen kulturellen Gedächtnisverlust." Dagegen müssten kreative Formen kulturellen Gedächtnistrainings entwickelt werden.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung äußerte sich überzeugt, dass die Bibel in der Sprachkraft Martin Luthers auch 500 Jahre nach der Reformation "in unser Leben hinein spricht". Mit Worten die persönlich berühren und trösten sowie gesellschaftlich orientieren könnten, sagte Jung.

Die Ausstellung zeigt nach Angaben des Museums nicht nur die historisch kostbaren Buchbände der Reformationszeit mit ihren reichhaltigen Illustrationen, sondern auch alle Schritte hin zu Luthers Bibelübersetzung. So ist ein Exemplar des ersten mit beweglichen Metalllettern gedruckten Buches zu sehen, die Gutenberg-Bibel von 1454/55, sowie vorlutherische Übersetzungen auf Deutsch, wie die prachtvoll geschmückte Nürnberger Koberger-Bibel (1483).


Die Ausstellung "Luthers Meisterwerk" im Frankfurter "Bibelhaus Erlebnis Museum" ist vom 16. September bis 31. Dezember zugänglich. Öffnungszeiten sind dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr sowie sonn- und feiertags von 14 bis 18 Uhr.

Ein Katalog ist erhältlich. Zur Ausstellung werden eine Smartphone-App samt Quiz und Audioguide-Führungen in Deutsch und Englisch angeboten. Außerdem gibt es Führungen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm begleitet die Ausstellung.

16. September 2015