Altbischof Huber warnt vor pauschaler Verurteilung von Muslimen

Köln (epd). Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, warnt vor Pauschalurteilen über Muslime. Weder der Islam noch die Muslime dürften in Bausch und Bogen verurteilt werden, sagte der Berliner Altbischof Huber in der ARD-Sendung "hart aber fair". Zur Gewaltbereitschaft einzelner Muslime sagte der evangelische Theologe in Anspielung auf die "Pegida"-Demonstrationen: "Ich finde es nicht besser, wenn in Dresden Menschen mit einem Galgen demonstrieren und auch gleichzeitig dazu schreiben, wer dran hängen soll."

Zugleich wandte sich Huber dagegen, infolge der Anschläge von Paris die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland mit Hinweis auf eine Terrorgefahr einzuschränken. Entsprechende Forderungen des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) seien unfair und populistisch.

Flüchtlinge nicht für Terrorismus verantwortlich machen

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sprach sich für stärkere Grenzkontrollen aus, betonte aber zugleich, die Flüchtlinge nicht für Terrorismus verantwortlich machen zu wollen. Allerdings könnten im "Geleitzug des großen Ansturms" Terroristen die derzeitige Lage ausnutzen, um Grenzen zu passieren.

Der Publizist Wolfram Weimer unterstützte die Forderung. Die Politik müsse auf Ängste in der Bevölkerung reagieren. Mit der Zäsur von Paris gehe die Phase die "Wir-schaffen-das"-Rhetorik zu Ende. "Jetzt beginnt eine 'Wir schützen uns'-Rhetorik", sagte Weimer. Ohne Sicherheit gebe es keine Freiheit.

"Ein Risiko null kann es nicht geben"

Markus Kaim, Sicherheitsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, sagte, die Flüchtlingspolitik und die Sicherheitsdebatte hätten nichts miteinander zu tun. Selbst wenn die gesamten deutschen und europäischen Grenzen abgeriegelt würden, wäre damit dem Terrorismus nicht Einhalt geboten. "Die Gleichung geht so nicht auf", sagte Kaim. Eine offene Gesellschaft ohne Gefahr sei eine Illusion. "Ein Risiko null kann es nicht geben", sagte er.

Aus Sicht der SPD-Politikerin und Wissenschaftlerin Gesine Schwan besteht die Terrororganisation "Islamischer Staat" bei genauem Hinschauen nur aus einem kleinen Kern Radikaler. Alle anderen Unterstützer würden entweder von der Gewalt profitieren oder hätten Angst davor. Daher bestehe eine "gute Chance", gegen den Terror zu bestehen, "wenn wir überzeugend unsere Werte leben: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität".

17. November 2015