Flüchtlinge und Bedrohung durch Terror sind Themen der Landessynoden in Bayern, Württemberg und Nordhessen

Schweinfurt (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat sich mit deutlichen Worten gegen eine Begrenzung des Nachzugs der Familien von syrischen Flüchtlingen gewandt. Fast täglich erreichten ihn Hilferufe syrischer Familien, die in Bayern leben, dass sie "fast wahnsinnig" seien aus Sorge um ihre in Nordsyrien direkt vom Terror des "Islamischen Staates" (IS) bedrohten Angehörigen, sagte der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in seinem Bericht vor der in Schweinfurt tagenden Landessynode. Deshalb könne er ausgehend vom "christlichen Liebesgebot" einer Einschränkung des Familien-Nachzugs nicht zustimmen.

Ängste weder verharmlosen noch schüren

Zuvor hatte die Präsidentin des bayerischen Kirchenparlaments, Annekathrin Preidel, gesagt, die Kirche dürfe die Frage nach Strukturierung und Begrenzung des Flüchtlingszugangs nicht tabuisieren. Ansonsten könnten sich viele Menschen in der evangelischen Kirche unerwünscht fühlen, "da ihre Befürchtungen kirchenpolitisch nicht korrekt" sein könnten: "Ich denke, es wäre nicht gut, wenn wir als Kirche diese Ängste und Sorgen von vornherein als Symptome einer extremistischen Gesinnung verurteilen würden." 

Preidel warnte zudem vor zu viel "Gefühlsromantik". Sie sei skeptisch, ob es möglich und sinnvoll sei, "in der Flüchtlingspolitik vor allem auf positive Emotionalisierung und allein auf der Ethos der guten Gesinnung und der grenzenlosen Menschenliebe zu bauen". Nötig sei eine "wohltemperierte, emotional kühlere und weitsichtige Politik, die weder Ängste verharmlost noch Ängste schürt, sondern verantwortungsethisch agiert", sagte die promovierte Biologin. 

Preidel wies zudem Kritik zurück, wonach sich die Kirche an Flüchtlingen bereichere. Die Kirche müsse verantwortlich mit ihren Steuermitteln umgehen, und sie dürfe den Staat nicht aus seiner Verantwortung entlassen, sagte sie. 

Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU), berufenes Mitglied der en Landessynode, hatte vor wenigen Tagen gefordert, dass die Kirchen Flüchtlingsunterkünfte möglichst kostenlos zur Verfügung stellen sollten. Seine Begründung: Barmherzigkeit brauche keine Miete.

"Wir lassen uns vom Terror des IS nicht die Fratze der Intoleranz aufpressen"

Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, betonte, dass die Kirche die Sorgen der Einheimischen ernst nehme. Die Kirche wolle sich aber auch weiter einmischen, damit beispielsweise Flüchtlinge aus Syrien nicht insgeheim als potenzielle Täter abgestempelt würden, sagt er mit Blick auf die Terroranschläge in Paris.

Im Kampf gegen den Terror seien politische und entwicklungspolitische anstelle von militärischen Lösungen gefordert, sagte July. Einfache Antworten gebe es nicht. Es müssten konsequent und überall die Kräfte unterstützt werden, die auf einen friedlichen Ausgleich der Menschen unterschiedlichen Glaubens setzten. "Wir lassen uns vom Terror des IS nicht die Fratze der Intoleranz aufpressen", betonte der Bischof.

Auch im Bericht des Bischofs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, vor der Synode in Morschen spielte die aktuelle Lage eine Rolle. Das reformatorische Verständnis von Freiheit könne eine Hilfe sein, zu Besonnenheit, Entschlossenheit und Fantasie zurückzukehren, die in diesen unruhigen Zeiten dringend gebraucht würden, sagte Hein. Der Impuls der Reformation sei Freiheit gewesen, die immer auch Freiheit von Angst gewesen sei.

23. November 2015