Hitziger Talk über die Obergrenze bei "Anne Will" mit EKD-Ratsvorsitzendem Bedford-Strohm

Berlin (epd). Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet lehnt eine konkrete Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen weiter ab. "Für Deutschland halte ich eine Obergrenze à la Österreich für völlig undenkbar", sagte Laschet am 24. Januar in der ARD-Sendung "Anne Will". Über das derzeit politisch umstrittenste Thema stritt Laschet in der Talkshow mit dem Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU), dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der AfD-Vizesprecherin Beatrix von Storch.

Laschet sagte, er halte den Beschluss der österreichischen Regierung "für keine besonders durchdachte Entscheidung". Es könne immer noch niemand erklären, wie das funktionieren solle und was mit dem ersten Flüchtling passiere, der oberhalb dieser Zahlengrenze ins Land kommen will. Österreich hatte in der vergangenen Woche jährliche Obergrenzen bis 2019 beschlossen. Demnach sollen in diesem Jahr nicht mehr als 37.500 Asylsuchende aufgenommen werden.

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich verteidigte die Forderung seiner Partei nach einer Obergrenze. Die CSU hat dafür die Zahl 200.000 genannt. In vielen Bereichen sei man am Ende der Kraft, sagte der ehemalige Bundesinnenminister. Die Integrationsmöglichkeiten seien begrenzt. Friedrich äußerte Zweifel an den Plänen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Lage der Flüchtlinge in den Lagern unter anderem durch eine bessere Zusammenarbeit mit der Türkei zu verbessern und sie damit von einer Flucht abzuhalten. Die Regierungschefin lehnt eine Obergrenze ab und steht damit auch innerparteilich unter Druck.

Bedford-Strohm: "Was ich befürchte, ist eine Chaotisierung Europas"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hielt Friedrich entgegen: "Ich will endlich eine Antwort auf die Frage, was passiert, wenn ihr Vorschlag umgesetzt wird." Er warnte davor, durch Grenzschließungen und Zurückweisung von Flüchtlingen die Probleme in andere Länder zu verlagern: "Was ich befürchte, ist eine Chaotisierung Europas."

Bedford-Strohm forderte, weiter für ein anderes System der Verteilung von Flüchtlingen in Europa zu arbeiten. "Europa ist ein großes Friedensprojekt. Wenn das nicht funktioniert, bricht Europa auseinander", sagte der bayerische Landesbischof. Der EU mit 500 Millionen Einwohnern müsse es doch gelingen, mehr als eine Million Menschen aufzunehmen, die aus schwerer Not kommen, sagte der evangelische Theologe.

"Europa ist ein großes Friedensprojekt"

Die AfD-Europaparlamentarierin von Storch forderte dagegen die weitere Einhaltung der Dublin-Regel, nach der Schutzsuchende in den Staat zurückgewiesen werden können, über den sie in die EU gekommen sind. "Wenn wir uns daran halten, brauchen wie keine Obergrenze", sagte sie. Deutschland habe seine Kapazitätsgrenzen erreicht.

Nur am Rande ging es in der Runde auch um den aktuellen Vorschlag der rheinland-pfälzischen Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Julia Klöckner (CDU), zur Reduzierung der Flüchtlingszahl. Ihr Vorschlag für grenznahe Zentren zur Entscheidung über Asylgesuche sei "pragmatisch", sagte Laschet. Auf eine ähnliche Maßnahme habe man sich bereits in der Koalition verständigt. Klöckner wolle dies nur näher an die Grenze verlegen. Ihre Vorschläge, die auch tagesaktuelle Kontingente für das Durchlassen an der Grenze umfassen, seien "kein Kurswechsel", sagte er. Sie würden das bisherige Prinzip ohne Obergrenze aufrecht erhalten.

25. Januar 2016