Hunderte nehmen Abschied von den Opfern des Zugunglücks bei Bad Aibling

Bad Aibling (epd). Die Flammen von elf großen weißen Kerzen stehen auf dem Marmoraltar der Kirche St. Georg in Bad Aibling. Die Kirchenglocken läuten. Jede Kerze leuchtet jetzt für einen der Männer, die beim Zugunglück am Faschingsdienstag ihr Leben ließen. In einem ökumenischen Gottesdienst nahmen in Kirche, Pfarrsaal und Turnhalle am Nachmittag des 14. Februars rund 800 Menschen von den Opfern Abschied. In der Kirche reihten sich die Angehörigen, die Rettungswesten und Uniformen der Einsatzkräfte und die Mäntel von bayerischen Ministern aneinander. Auch Bahnchef Rüdiger Grube ist gekommen, die Stellvertreterin des Ministerpräsidenten, Ilse Aigner, Sozialminister Emilia Müller, Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Rund um die Kirche ist es still vor dem Gottesdienst. "Meine Seele ist stille in dir", beginnt der ökumenische Chor die Gedenkfeier. "Nur gemeinsam kann man dieses Unglück ertragen", leitet der Münchner Kardinal Reinhard Marx die Feier ein. Von Schreckensstarre und Fassungslosigkeit, Tränen und Wehklagen, aber auch von der Dankbarkeit für die, die gerettet werden konnten, spricht die Münchner evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler.

"Es gibt ein Leid, für das wir keinen Grund finden"

"Es gibt ein Leid, für das wir keinen Grund finden, das wir nur miteinander aushalten können", sagt sie in ihrer Predigt. Die drängende Frage nach dem "Warum" lasse sich "mit keiner noch so gescheiten Theologie" beantworten.

Auf das Leid der Hinterbliebenen und Schwerverletzten gebe es nur die "verzweifelt-zuversichtliche Antwort: Gott verlässt uns nicht und er weicht nicht von uns". Breit-Keßler ging aber auch auf Spekulationen zur Unglücksursache ein und sagte: "Am Elend der betroffenen Familien ändern mögliche Erkenntnisse nichts." Wer stirbt, hinterlasse eine Lücke für immer. Diese Wunde könne auch die Zeit nicht heilen. "Doch wer geht, kommt zu Gott, daran halten wir fest", sagt sie.

Die Theologin dankte den Rettungskräften, Polizisten, Bergwachtlern, Feuerwehrleuten und Seelsorgern für ihren Einsatz und bezeichnete sie als "lebendige Symbole" für Gottes Trost. Sie wendet sich an die Männer und Frauen in den neon-gelben und roten Rettungswesten, den Uniformen von Feuerwehr und Polizei. Sie sind die Menschen "die das Erlebte jetzt ertragen und verarbeiten müssen", heißt es später in einem Gebet. Vertreter der beteiligten Einsatzkräfte stecken Dutzende rote Rosen in eine Schale vor dem Altar.

Ein Band der Gemeinsamkeit

"Dieser Tag wird sich für viele einbrennen", sagt Kardinal Marx. Die "große Wucht" des Unglücks habe die Familien ergriffen, aber auch das ganze Land. Er erinnert an die elf Männer, die Familien und Freunde hinterlassen. Niemand kann die Frage nach dem Warum beantworten", sagt auch Kardinal Marx. Er wolle aber nicht, dass der Tod dieser Männer für sinnlos erklärt würde, "sie sind nicht weg, sie gehen mit uns."

Mit Ergriffenheit in der Stimme spricht die bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm zu den Trauergästen. Sie betont, wie wichtig es sei gemeinsam zu trauern. "Halten wir uns fest an diesem Band der Gemeinsamkeit".

"Das Unvorstellbare ist eingetreten – vor unserer Haustür" sagt Stamm.  "Jedes Unglück ist schrecklich", stellt ein Bad Aiblinger aus der Nachbarschaft der Kirche fest, "aber wenn es vor der eigenen Haustür passiert, ist es besonders schlimm".

15. Februar 2016