Handbuch über die Kirche der Pfalz in der NS-Zeit erschienen

Speyer/Landau (epd). Die Evangelische Kirche der Pfalz hat ein Handbuch zur Geschichte der Landeskirche in der NS-Zeit vorgestellt. Der Protestantismus in der Pfalz habe in kaum fassbarer Geschwindigkeit seine Selbstanpassung vollzogen, sagte Kirchenpräsident Christian Schad am 18. April in Speyer. Nur wenige Kirchenmitglieder hätten die Hitler-Herrschaft abgelehnt oder gar Widerstand gezeigt. Die Pfälzer Kirche sei eine willige Stütze des NS-Regimes gewesen.

"In einen tiefen Abgrund gestützt"

Die Landeskirche sei zwischen 1939 und 1945 "in einen tiefen Abgrund gestützt", sagte der Kirchenpräsident bei der Präsentation des zweibändigen Buches "Protestanten ohne Protest" vor rund 250 Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft im Historischen Museum der Pfalz. Bereitwillig seien sie der verbrecherischen "Irrlehre" der Nationalsozialisten gefolgt. Die Landeskirche stelle sich ihrer nicht vergehenden Verantwortung.

Bereits im Mai 1934 habe die Landessynode eine Entschließung verabschiedet, sagte Schad. Darin habe sie sich nicht zu Jesus Christus, sondern zur Reichskirche und zum "Dritten Reich Adolf Hitlers" bekannt. Diese Entschließung sollte auf allen Kanzeln verlesen werden. Die wenigen kritischen Stimmen in der Landeskirche seien zu schwach gewesen, und sie seien mundtot gemacht worden.

Den Pfarrer Oswald Damian als "gebrochenen Helden" ehren

Protestantismus und Nationalsozialismus seien in der Pfalz weitgehend Hand in Hand gegangen, sagte Akademiedirektor Christoph Picker als Mitherausgeber des Handbuchs. Das Buch sei "ein Statement" und wolle weder abrechnen mit den Versäumnissen früherer Generationen noch schlimme Geschehnisse relativieren. Picker regte an, die Landeskirche solle den Pirmasenser Pfarrer Oswald Damian (1889-1978), einen "gebrochenen Helden", ehren: Als einer der wenigen Theologen in der Pfalz habe er mutig Widerstand geleistet und habe für seine Überzeugung im Konzentrationslager Neustadt an der Weinstraße gelitten.


Buchhinweis: "Protestanten ohne Protest. Die evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus", hrsg. von Christoph Picker, Gabriele Stüber, Klaus Bümlein und Frank-Matthias Hofmann unter Mitarbeit von Christine Lauer und Martin Schuck, zwei Bände, Verlagshaus Speyer, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2016, 911 Seiten, 59,90 Euro, ISBN: 978-3-939512-79-0.

19. April 2016