Sozialverbände fordern Korrekturen in Gesetzen für behinderte Menschen

Berlin/Münster (epd). Mehrere große Sozialverbände haben sich dafür ausgesprochen, Hürden für behinderte Menschen im öffentlichen Raum abzubauen. Die Bundesregierung müsse "ein modernes Behindertengleichstellungsgesetz verabschieden, bei dem auch private Akteure zur Barrierefreiheit verpflichtet werden", teilte der Dachverband in Berlin aus Anlass des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai mit. Ähnlich äußerten sich die Diakonie und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe.

Auf anderem Wege sei gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nicht zu ereichen, betonte der Deutsche Verein. "Sofern Teilhabe nicht generell hergestellt ist, braucht es wirksame individuelle Unterstützungssysteme", betonte Nora Schmidt, die Geschäftsführerin des Vereins. Mit der geplanten Weiterentwicklung des Gleichstellungsgesetzes sei man auf einen guten Weg. Positiv sei beispielsweise, dass die Leichte Sprache im Gesetz verankert werde.

"Barrieren abzubauen, ist ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger"

Kritisch merkte sie jedoch an, dass die Verpflichtung privater Akteure zur Barrierefreiheit in den Gleichstellungsgesetzen von Bund und Ländern nicht vorgesehen sei. "Barrieren abzubauen, ist ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger, nicht nur für Menschen mit Behinderungen", sagte Schmidt.

Die Diakonie Deutschland und der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) lobten, dass es durch das geplante Bundesteilhabegesetz zu einem Systemwechsel bei den Leistungen für Menschen mit Behinderung kommen soll. Die Eingliederungshilfe werde aus der Sozialhilfe herausgelöst und zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt.

Doch das geplante Gesetz habe auch Schwächen, sagte Diakonievorstand Maria Loheide: "Wir befürchten Lücken bei den Leistungen." Besonders aufmerksam wolle die Diakonie die Veränderungen für chronisch psychisch kranke Menschen verfolgen, die möglicherweise nicht mehr im heutigen Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten werden.

Für den Bundesverband evangelische Behindertenhilfe sagte Vorsitzender Uwe Mletzko: "Insbesondere bei der Aufteilung der bisherigen Sozialhilfeleistungen auf die Grundsicherung und die neue Eingliederungshilfe sind viele Fragen noch ungeklärt. Hier muss der Gesetzgeber noch nachbessern, auch damit es nicht, wie nach Hartz IV, zu unzähligen Gerichtsverfahren kommt."

Diskriminierende Vorschrift

"Behinderte Menschen müssen so normal wie möglich leben können. Dazu gehört, dass sie nicht weiter von der Pflegeversicherung diskriminiert werden", sagte der Sozialdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Matthias Münning, in Münster. Der LWL ist nach eigenen Angaben einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung.

"Bislang erhalten Menschen, wenn sie in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, nicht die vollen Leistungen der Pflegeversicherung, sondern höchstens 266 Euro im Monat. Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen", sagte der Fachmann. Die diskriminierende Vorschrift müsse mittels des kommenden Bundesteilhabegesetzes abgeschafft werden.

4. Mai 2016