EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm: "Empathie ist ein Zukunftsmodell"

Der Kaiserswerther Verband feiert in Berlin sein 100-jähriges Bestehen. Der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten, Heinrich Bedford-Strohm, sieht in Diakonissen "Powerfrauen für Christus". Um die Zukunft diakonischer Arbeit ist ihm auch angesichts sinkender Kirchenbindung nicht bang: Flexibilität sei gefragt.

Berlin (epd). Mit einem Festprogramm hat der Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser am Wochenende in Berlin sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Mit etwa 50.000 Beschäftigten in rund 70 Diakonissen-Mutterhäusern und diakonischen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen, Schulen, Hospizen, Kindergärten und Werkstätten ist der Verband einer der größten Sozialträger. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete bei den Feierlichkeiten Empathie für Mitmenschen als ein Modell für die Zukunft.

Mitgefühl für Andere sei keinesfalls von gestern, sondern aktueller denn je, sagte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten. Im vergangenen Jahr seien etwa im Zusammenhang mit der Ankunft Tausender Flüchtlinge viele Menschen in Deutschland "aus ihren Löchern" gekommen und hätten "einfach helfen wollen". Dieses Engagement könne nicht durch Rechtsextremisten zerstört werden. Er wolle nicht, dass "diese dummen Sprüche, die wir jetzt hören, diese Erfahrungen kaputt machen". Auf Reisen werde er überall auf diese Erfahrungen in Deutschland angesprochen, berichtete der EKD-Ratsvorsitzende.

Motto: "100 Jahre Richtung Zukunft"

Das am 17. Juni gestartete Jubiläumswochenende stand unter der Überschrift "100 Jahre Richtung Zukunft". Der EKD-Ratsvorsitzende würdigte die Arbeit der Diakonissen in Deutschland. Diese seien "Powerfrauen für Christus". Der Kaiserswerther Verband stehe für eine reiche und starke Tradition, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern, Bedford-Strohm. Er sprach unter Hinweis auf persönliche Begegnungen mit Diakonissen von einem "ganz tollen Geist", der durch Freude, Fröhlichkeit, Liebe und Kraft gekennzeichnet sei.

Zur Zukunft des Verbandes und der diakonischen Arbeit in Regionen mit nur noch geringer Kirchenbindung sprach sich Bedford-Strohm für Flexibilität aus. So könne nicht alles von der Mitgliedschaft in der Kirche abhängig gemacht werden. Der christliche Geist müsse in den Einrichtungen aber spürbar bleiben. Prozentsätze, wieviele Mitarbeiter sich zum christlichen Glauben bekennen, seien nicht vorrangig. Das könne von Region zu Region und von Einrichtung zu Einrichtung variieren, sagte er.

Zu den Aufgaben des Kaiserswerther Verbands gehört die Vertretung der Häuser auf politischer, kirchlicher und diakonischer Ebene. Das Jubiläumswochenende wurde gemeinsam mit dem Evangelischen Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin begangen, das sein 175-jähriges Bestehen feierte.

Wichtige Beiträge in die Kirche hinein

Die Präsidentin der Kaiserswerther Generalkonferenz (KGK), die österreichische Pfarrerin Christa Schrauf, verwies auf eine Faszination, die vom Lebensmodell der Diakonissen ausgehe. Deren Berufung, etwa zur Arbeit mit Schwerstkranken, verdiene höchsten Respekt und hohe Wertschätzung. Auch leisteten die Diakonissen wichtige Beiträge in die Kirche hinein, etwa in Sachen Spiritualität.

Die Anfänge des Kaiserswerther Verbandes gehen 180 Jahre zurück, konkret auf das Jahr 1836. Damals wurde durch Theodor und Friederike Fliedner in Düsseldorf-Kaiserswerth das erste Diakonissenmutterhaus gegründet. Die Bewegung breitete sich rasch aus, auch über Deutschland hinaus. Im Jahre 1861 entstand die internationale Kaiserswerther Generalkonferenz mit 13 Mutterhäusern und 700 Diakonissen. Aus dieser Konferenz heraus entstand 1916 im Ersten Weltkrieg der Kaiserswerther Verband als Zusammenschluss der deutschen Diakonissen-Mutterhäuser.

20. Juni 2016