Bischof Meister beschwört bei der englischen Kirchensynode den europäischen Geist

York/Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat vor der Generalsynode der Kirche von England die Bedeutung der Europäischen Union als Wertegemeinschaft betont. Nach der Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der EU führe die Diskussion vielfach in eine falsche Richtung, kritisierte der evangelische Bischof am Freitag in York. Es dürften nicht allein wirtschaftliche Fragen im Mittelpunkt stehen. Meister ist einer der beiden Vorsitzenden der Meissen-Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Kirche von England.

"Der europäische Traum ist ein Traum von Humanität und Gerechtigkeit", sagte Meister laut Redemanuskript. Es gehe nicht um die Frage, ob die Börse ihren Sitz in London oder Frankfurt habe. Ein geeintes Europa stehe für Frieden, betonte er. Das sei gerade mit Blick auf die Geschichte Deutschlands und Großbritanniens wichtig – die Länder hatten sich in zwei Weltkriegen bekämpft. Die gemeinsame Aufgabe der Kirchen sei, vor Missständen zu warnen und aus dem Glauben heraus die Hoffnung auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden weiterzutragen.

"Keine Zeit für Angst"

Die Synode der anglikanischen Kirche dauert noch bis zum 12. Juli. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, sieht nach dem Brexit-Votum schwere Zeiten auf Großbritannien zukommen. Dem Land stehe für die kommenden Jahre eine Phase der "tiefen Verunsicherung" bevor, sagte das geistliche Oberhaupt der Kirche von England. Das gelte sozial, wirtschaftlich und auch spirituell. Aufgabe der Kirche sei, an Gott zu erinnern und sich gegen Ungleichheit und für Integration in der Gesellschaft einzusetzen. "Dies ist keine Zeit für Angst", sagte Welby.

Zugleich zwinge der "Schock des Brexits" den Staat und die Kirchen, nach einer gerechteren Gesellschaft zu streben, sagte der Erzbischof unter anderem mit Blick auf kürzlich veröffentlichte Zahlen zur Kinderarmut und auf mangelhafte Gesundheitsversorgung. In Richtung der europäischen Kirchen und Länder betonte Welby: "Auch wenn wir die Europäische Gemeinschaft verlassen werden, werden wir nicht Europa verlassen."

11. Juli 2016