Landesbischof Meister: Attentätern die öffentliche Plattform verweigern

Hannover (epd). Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, hat die Medien nach den jüngsten Anschlägen dazu aufgerufen, künftig weder Namen noch Familienhintergründe von Attentätern zu nennen. "Wir schenken ihnen nicht einmal die Ehre unserer Verachtung", sagte der evangelische Theologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Aus der Suizidforschung sei der Nachahmungseffekt bekannt, wenn Namen und nähere Umstände detailliert geschildert würden, sagte Meister: "Es scheint, als wenn eine aufgeregte Berichterstattung über Terroranschläge eine ähnlich Wirkung haben könnte."

"Diese Bühne geben wir euch nicht"

"Wir bewegen uns zurzeit in einer Aufgeregtheitsblase, statt besonnen, klar und nüchtern zu überlegen, was notwendigerweise getan werden müsste", sagte Meister. Das nutzten auch Terroristen und Amokläufer, indem sie sich mit den menschenunwürdigsten und brutalsten Methoden die von ihnen gewünschte Beachtung holten. "Und da müssen wir deutlich sagen: Diese Bühne geben wir euch nicht."

Die Medien spielten dabei eine Schlüsselrolle, erklärte der Landesbischof, der auch Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist. "Diese fortdauernde Informationsflut und unser Umgang damit verursachen auch einen Teil der Hysterisierung in unserem Land."

Besonders die sozialen Medien entwickelten sich zusehends zu "einem immer schneller schlagenden Metronom der Aufmerksamkeitsprovokation", erläuterte Meister. "Dieses Bedürfnis, immer, überall und sofort dabei sein zu wollen, hat eine Schattenseite für unsere Psyche und die gesellschaftliche Stimmung." Die permanente Hochaufmerksamkeit könne zu einer andauernden inneren Aufgeregtheit führen oder aber zu einer generellen Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen.

Aufgabe der Kirchen: gelassen bleiben und Trost schenken

Die Aufgabe der Kirchen sei in dieser Situation, gelassen zu bleiben und Trost zu schenken. "Die Kirchen verfügen dafür über eine Fülle von Ritualen und Formen, großen Erzählungen und vor allem trostspendenden Menschen", unterstrich der Theologe. Viele Christinnen und Christen seien nicht nur vor einem Jahr in der Flüchtlingshilfe aktiv geworden, sondern auch dabei geblieben. Sie leisteten Großartiges.

Der große Schatz der Kirchen sei, Menschen aus unterschiedlichen Milieus miteinander zu verbinden, betonte Meister: "Sie bringen die Menschen miteinander in eine Kommunikation, die nicht durch oben und unten, Nation oder Herkunft getrennt ist." Die Demokratie brauche solche vermittelnden Institutionen wie die Kirchen, um die Vielfalt in der Gesellschaft abzusichern.

Ulrike Millhahn (epd)

9. August 2016