800 Jahre Kreuzchor, Kreuzkirche, Kreuzschule: Prozession mit Kruzianern und Pionieren

Dresden (epd). Das Kreuz ist dieses Mal trocken geblieben. Die von Dresdner Kunststudenten gefertigte Attrappe eines mittelalterlichen Kruzifix lag am 21. August auf dem Elbedampfer und wartete auf seine Einholung. Mit dem Glockenschlag zwölf Uhr war es dann soweit: Die Träger nahmen das Kreuz in den Festumzug auf und trugen es voran – wie vor Hunderten von Jahren.

Der Überlieferung nach wurde um 1270 ein Kruzifix aus Böhmen die Elbe herab angeschwemmt. Fischer zogen es in Dresden an Land, es wurde in einer Prozession in die Stadtkirche St. Nikolai getragen, die spätere Kreuzkirche am Altmarkt, die wegen der allgemeinen aufblühenden Kreuzesverehrung im 13. Jahrhundert umbenannt wurde.

Mehr als 800 kostümierte Darsteller

Kreuzchor, Kreuzkirche und Kreuzschule in Dresden feiern in diesem Jahr ihr 800-jähriges Bestehen. Der Festumzug "Kreuzgang" durch die Innenstadt wurde zu einem der Höhepunkte im Jubiläumsjahr. Mehr als 800 kostümierte Darsteller beteiligten sich an dem Spektakel, darunter Kruzianer, Kreuzschüler und Mitglieder der evangelischen Kreuzkirchengemeinde. Es galt "ein Spagat zwischen unterhaltsam und einem tieferen Sinn" zu meistern, sagt Regisseur Joachim Schlese.  

Zu erleben waren Szenen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein Teil der Kostüme entstand extra für diesen Umzug, wurde von Hobbyschneidern mit viel Liebe zum Detail hergestellt. Auf einer Strecke von 1,5 Kilometern stand die 800-jährige Geschichte der drei Jubilare im Fokus. Auch die Verantwortlichen der Trias – Kreuzkantor Roderich Kreile, Superintendent Christian Behr und Schulleiterin Gabriele Füllkrug – ließen es sich nicht nehmen, im Festumzug mitzulaufen.

"Es geht nur groß", hatte Schlese der Kirchengemeinde gesagt, als diese ihre Geschichte zum Jubiläum in Szene setzen wollte. Dabei "hatten wir eher an etwas Kleines gedacht", sagt Behr. Rund zwei Jahre brauchten die Vorbereitungen für die insgesamt 26 Bilder, die nun während des Stadtfestes präsentiert wurden.

Die "Goldenen Zwanziger" Jahre und die Diktatur in der DDR-Zeit

Die vorreformatorische Zeit mit den Anfängen von Chor und Schule waren ebenso Thema wie Kriege und Zerstörung, die "Goldenen Zwanziger" Jahre oder die Diktatur in der DDR-Zeit, an die Kinder mit Halstuch und Pionierliedern erinnerten. Zudem kam die jüngere Geschichte auf die Straße: Schüler des evangelischen Kreuzgymnasiums stellten eine Demonstration von 1989 nach, riefen "Keine Gewalt", würdigten die friedliche Revolution.

Auch der wohl berühmteste sächsische Kurfürst durfte nicht fehlen: August der Starke und sein Hofstaat liefen auf. Gefolgt vom 1749 gestorbenen Kreuzkirchenpfarrer Valentin Ernst Löscher, der das ausschweifende Leben am Dresdner Hof kritisiert hatte. Dafür wurde ein Kruzianer vom Hofpersonal in einer Sänfte getragen. Als Jubilar winkte er in einem dunkelblauem Konzertanzug inmitten der barocken Kleider in die Menge. 

Tausende Schaulustige säumten die Straßen. Vom Terrassenufer zum Theaterplatz, vorbei an der Kathedrale und am Zwinger zur Kreuzkirche schlängelte sich der Festzug durch Dresdens Zentrum. "Wir tragen das Kreuz als Zeichen der Versöhnung durch diese Stadt", sagt Behr, wohlwissend, dass aus Dresden auch Bilder von fremdenfeindlichen Demonstrationen um die Welt gingen. Zum Abschluss versammelten sich Darsteller und Schaulustige zu einer ökumenischen Andacht in der Kreuzkirche.

Katharina Rögner (epd)

22. August 2016