Die Augsburger Puppenkiste bringt die Weihnachtsgeschichte ins Kino

Augsburg (epd). An Seilen geführt spaziert der Kasperl von der Straße aus zur Tür hinein. Hinter der Marionette her fährt eine Kamera. Das spitzhütige Maskottchen der Augsburger Puppenkiste schlenkert durchs Foyer des Puppentheaters. Dort muss sich sein Puppenspieler erst einmal einen Weg bahnen. Auf dem Boden haben es sich einige Schulkinder bequem gemacht. Sie warten darauf, dass das Stück beginnt. Gegenüber an der Garderobe beobachtet ein Filmteam die Szene auf einem Bildschirm.

Der Auftritt des Kasperls war der Auftakt zu einer besonderen Aufführung, die am 21. Oktober in der Puppenkiste über die Bühne gegangen ist. In dem Marionettentheater wurde zwei Tage lang das Stück "Die Weihnachtsgeschichte" aufgezeichnet. Die biblische Geschichte von der Geburt Jesu soll im Advent als Film in die Kinos kommen. In mehr als 200 Filmtheatern in Deutschland und Österreich wird das Stück an den vier Adventssonntagen zu sehen sein. Einige Kinos wollen es auch an Heilig Abend zeigen, sagt Theaterleiter Klaus Marschall. "Das Interesse der Kinobetreiber ist sehr groß."

Eng am biblischen Original

Seit dem 20. Oktober haben Marschall und sein Filmteam daran gearbeitet, die Bilder für den Streifen in den Kasten zu bekommen. Einen ganzen Tag lang filmten sie das Stück ohne Publikum. Am 21. Oktober dann hat das Puppentheater eigens Kindergartengruppen und Schulklassen eingeladen. Kameras zeichneten die Reaktionen der Kinder im Saal auf. "Der Kinofilm ist ein Mitschnitt des Theaterstücks", erläutert Produzent Fred Steinbach. Allerdings seien die Zuschauer im Kino "sehr viel näher an den Figuren dran". Schließlich sind die Kinoleinwände bis zu zehn Mal so groß wie die Bühne der Puppenkiste. Dennoch soll die Atmosphäre einer Theateraufführung erhalten bleiben. Im Film wird es daher immer wieder Sequenzen geben, in denen die Kinder zu sehen sind, die die Aufführung gespannt verfolgen.

Seit zwei Jahren hat die Puppenkiste die Weihnachtsgeschichte nach dem Lukas- und dem Matthäus-Evangelium fest im Repertoire. Die Geschichte orientiert sich dabei eng am biblischen Original. Sie spielt im Vorderen Orient - mit Lehmhütten, Granatapfelbäumen und der gleißenden Sonne, die Maria und Josef auf ihrem Weg durch die Wüste nach Bethlehem begleitet. Auf die "mitteleuropäische Schneeromantik" habe man bewusst verzichtet, erläutert Klaus Marschall.

Tierische Umsetzung

Stattdessen haben Marschall und seine Regieassistentin Judith Gardner die knapp einstündige Aufführung mit Klezmermusik unterlegt und dem für die Puppenkiste typischen Humor versehen. So entdecken etwa die drei Könige im Prolog das "Sternbild des Esels" und machen sich daraufhin auf den Weg nach Bethlehem. Der Erzengel Gabriel spricht jiddisch und verpatzt bei jedem Auftritt seine Landung.

Und Marias Esel Noël ist ein liebenswerter Gefährte, der am Ende mit seinen tierisch guten Beziehungen zu Ochsen und Schafen dafür sorgt, dass das Paar doch noch in einem Stall unterkommt. Noël ist denn auch der Liebling der Kinder – nicht nur wegen seiner wilden Sprünge, die er auf der Bühne vollführt. "Der spricht und singt sogar – das finde ich cool", sagt etwa die zehnjährige Leonie, die am 21. Oktober mit ihrer fünften Klasse im Publikum sitzt.

"Beseelt [...] wie bei uns in der Puppenkiste"

Auf die Idee, die Weihnachtsgeschichte zu verfilmen, sei man gekommen, "weil der Erfolg des Theaterstücks so groß ist", erzählt Marschall. Vorbild seien dabei die großen Theaterbühnen gewesen, die ihre Stücke zum Teil live in die Kinos übertragen. "Dazu haben wir nicht die finanziellen Möglichkeiten", erläutert der Theaterleiter. Dennoch hofft er darauf, dass auch der aufgezeichnete Film beim Publikum ankommt – "und die Kinder nach der Vorstellung genau so beseelt nach Hause gehen wie bei uns in der Puppenkiste".

24. Oktober 2016