Festlicher Auftakt mit Papst und Bundespräsident: Ein Jahr Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum

Berlin (epd). Nach zehn Jahren der Vorbereitung ist es am 31. Oktober soweit: Das 500. Reformationsjubiläum wird festlich eröffnet, und das gleich mehrfach. Der Lutherische Weltbund begeht an seinem Gründungsort Lund einen ökumenischen Gottesdienst mit Papst Franziskus. Zeitgleich wird in Deutschland das Festjahr eingeläutet, mit einem evangelischen Gottesdienst in der Berliner Marienkirche und einem staatlichen Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Kirche und Staat haben das Jubiläum im Stammland der Reformation gemeinsam geplant und auch finanziert.

Beim Festakt wird Bundespräsident Joachim Gauck, selbst evangelischer Theologe, den Reformator Martin Luther würdigen, der am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg angeschlagen haben soll. "Luther hat eine welthistorische Leistung vollbracht", sagte das Staatsoberhaupt vorab in einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst. Dieser mittelalterlich geformte Christ habe den Weg zur Idee der Würde jedes einzelnen Menschen gebahnt. Luther sei freilich als historische Figur zu sehen – mit Licht- und Schattenseiten: Antijudaismus und "Grobianismus" seien damals vielen Zeitgenossen nicht fremd gewesen, betonte das Staatsoberhaupt.

"Christusfest"

An Kritikern fehlt es nicht, seit 2008 die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ihre vorbereitende "Lutherdekade" gestartet hat. So befürchtete damals Gerhard Feige, der katholische Bischof von Magdeburg: "Wird es eine Jubel- und Profilierungsfeier des Protestantismus mit antikatholischen Spitzen?" In Deutschland herrschte im neuen Jahrtausend nach dem umstrittenen "Dominus Iesus"-Papier des Vatikan und der vom EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber vertretenen "Ökumene der Profile" frostige Stimmung.

Beharrlich setzten die Katholiken das Wort "Reformationsgedenken" den evangelischen Plänen für das "Reformationsjubiläum" entgegen. Inzwischen herrscht aber ökumenisches Tauwetter. EKD und Bischofskonferenz haben sich auf die gemeinsame Formel eines "Christusfests" verständigt. "Allerdings weiß niemand prägnant zu sagen, was damit gemeint ist", nörgelt Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf. Das Kirchenjahr kenne mehrere Christusfeste wie Weihnachten, Karfreitag und Ostern. Aber der 31. Oktober?

Auf dem Weg zur Einheit der Christen

Durch solche Einwürfe lassen sich der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und sein katholisches Gegenüber, Kardinal Reinhard Marx, nicht aus ihrer Hochstimmung bringen. Wie jüngst bei einer gemeinsamen Pilgerreise von EKD-Rat und Bischofskonferenz durch das Heilige Land unterstreichen sie die Einmaligkeit des ökumenischen Feierns nach 500 Jahren Glaubenskriegen, Konflikten und Anfeindungen. "Unsere gemeinsame Mission für unser Land ist noch nicht vollendet", erklärten beide Kirchen. "Die Reformation wollte weder eine neue Kirche gründen noch die alte Kirche spalten."

Es kam bekanntlich anders. Die Wunden, die in fünf Jahrhunderten konfessioneller Auseinandersetzungen geschlagen worden sind, sollen 2017 benannt und betrauert werden. "Healing of Memories" heißt der Versöhnungsprozess. Am 11. März soll ein gemeinsamer Gottesdienst in Hildesheim gefeiert werden, um die Erinnerungen zu heilen. Ob noch weitere Annäherungen möglich sind, ob der Papst doch noch 2017 nach Deutschland kommt oder ob es Fortschritte in der leidigen Frage eines gemeinsamen Abendmahls gibt? Manches scheint derzeit denkbar auf dem Weg zur Einheit der Christen.

Ein Jahr durchfeiern

Zum Höhepunkt des Festjahres werden in Wittenberg auf jeden Fall alle Getauften zum Abendmahl eingeladen – beim evangelischen Großgottesdienst, zu dem am 28. Mai 200.000 Menschen erwartet werden. Die Feier schließt den großen Kirchentag in Berlin und sechs regionale Kirchentage in Mitteldeutschland ab. Alle Teilnehmer sollen sich am Sonntagmittag auf den Elbwiesen treffen - eine logistische Herausforderung. Es folgt ein "Reformationssommer" mit Konfirmanden-Camps und einer protestantischen Weltausstellung, zu der Besucher aus allen Kontinenten in die herausgeputzte Lutherstadt kommen. Margot Käßmann, die frühere EKD-Ratsvorsitzende, war jahrelang dafür als Botschafterin auf Werbetour.

Nun geht es also los. Bis zum eigentlichen 500. Jubiläumstag wird ein Jahr durchgefeiert. Zum Abschluss wäre ein Gottesdienstbesuch für die 22,3 Millionen deutschen Protestanten kein Zeitproblem. Der 31. Oktober 2017 wird bundesweit gesetzlicher Feiertag.

27. Oktober 2016