Festgottesdienst in Eisenach: Neue Lutherbibel an Gemeinden übergeben

Eisenach (epd). Die neue Lutherbibel ist am 30. Oktober bei einem Festgottesdienst in Eisenach offiziell der Öffentlichkeit und den Kirchengemeinden in Deutschland übergeben worden. 70 Experten hatten in den vergangenen Jahren die Genauigkeit der Übersetzung des Bibeltextes geprüft. Fast 12.000 der rund 31.000 Verse wurden in der Neufassung geändert. Auf die Wörter gerechnet sind das allerdings lediglich acht Prozent.

In ihrer Predigt rief die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann, dazu auf, die Bibel kritisch zu lesen und gemeinsam darüber ins Gespräch zu kommen. Es sei "nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern auch eine Frage der Bildung, ob Menschen diese Geschichten kennen".

Das Erscheinen der überarbeiteten Fassung ist für die evangelische Kirche einer der Höhepunkte zu Beginn des 500. Reformationsjubiläums. Das Festjahr beginnt am 31. Oktober, dem Reformationstag. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht und damit die Reformation angestoßen.

Die Bibel ist Kulturgut

Die Bibel sei Kulturgut, betonte Käßmann: "Selbst wenn jemand sagt, er habe mit dem christlichen Glauben keinerlei Berührung, muss er doch zumindest eine Ahnung haben, was in der Bibel steht." Dies sei Voraussetzung, um "Architektur, Literatur und Geschichte in unserem Land zu verstehen." Käßmann empfahl, dass auch in kommunalen Kindertagesstätten biblische Geschichten wie die der Arche Noah oder von der Kreuzigung Jesus erzählt werden sollten, damit Kinder Kultur verstehen.

Weiter betonte die EKD-Reformationsbotschafterin: "Gegen jede Art von Fundamentalismus ist es wichtig, dass wir die Bücher, die uns heilig sind – in dem Sinne, dass sie für unseren Glauben fundamentale Bedeutung haben – kritisch lesen dürfen." Genau das hätten die Reformatoren gezeigt. "Bildung war für sie alle wichtig. Deshalb gilt es die Bibel auch miteinander zu lesen, nicht nur allein", sagte Käßmann.

"Lesen Sie die alten Texte!"

Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm appellierte an die Öffentlichkeit: "Lesen Sie die alten Texte!" Diese erzählten von Gott und den Menschen und enthielten die Botschaft von Gottes Gnade, "eine Botschaft, die diese Welt dringend braucht".

Die Bibel sei für jeden Menschen sein eigenes Buch, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende: "Nehmen Sie die Bibel mit in Ihren Alltag, lesen Sie in ihr, am Küchentisch, im Wohnzimmer, in der U-Bahn, in den Gefängnissen und Flüchtlingsunterkünften und an vielen anderen Orten."

Der Thüringer Landesbischof Christoph Kähler, der die Expertengruppe für die Bibel-Überarbeitung geleitet hatte, bezeichnete die Revision der Lutherbibel rückblickend als "große Herausforderung". Bei der Überarbeitung sei man deshalb "so nahe am Urtext wie möglich und so nahe an Luthers Übersetzung wie möglich" geblieben.

Zurück zu Luthers Wortlaut

Die Theologin Corinna Dahlgrün erinnerte daran, dass Luthers Bibel immer wieder verändert worden sei. Doch nicht alle Änderungen der Vergangenheit erschienen heute noch sinnvoll. "Darum haben wir Luthers früheren Text oft wiederhergestellt", sagte Dahlgrün. Als Beispiel nannte sie Psalm 42, wo die Neufassung nun wieder zu Luthers Wortlaut "Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir" zurückgekehrt sei.

An dem Festgottesdienst zur feierlichen Übergabe der revidierten Lutherbibel in der Eisenacher Georgenkirche nahmen auch die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann sowie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) teil. Im Anschluss an den Gottesdienst wurde die neue Lutherbibel im Lutherhaus Eisenach präsentiert.

31. Oktober 2016