Menschenrechtsexperte fordert Debatte über Angriffe auf Christen in Asylheimen

Berlin (epd). Der Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt hat eine ehrliche Diskussion über Hinweise auf Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften gefordert. Man müsse die Realität zur Kenntnis nehmen, sagte der gerade aus dem Amt geschiedene UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit am Dienstag in Berlin. Es gebe solche Übergriffe. Es wäre ein großer Fehler der Politik, den Mantel des Schweigens darüber zu breiten und das Thema beispielsweise nur konservativen, islamkritischen Stimmen zu überlassen. Bielefeldt sagte, die zunehmende Islamfeindlichkeit besorge ihn zugleich sehr. Ihm gehe es in erster Linie um Solidarität mit Betroffenen, betonte er. Aus Berichten über Angriffe, sei es Mobbing oder sogar Gewalt, resultiere der Auftrag, geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.

Der katholische Theologe und Professor für Menschenrechtspolitik diskutierte bei einer Veranstaltung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit anderen Experten über den Schutz vor religiöser Benachteiligung. Der Migrationsexperte der Diakonie, Johannes Brandstäter, sagte, es gebe solche Übergriffe, "auch nicht in wenigen Einzelfällen". Von systematischer Verfolgung könne man aber nicht sprechen. Besonders alleinreisende Frauen und Homosexuelle würden zu Opfern, das gelte aber auch für muslimische Frauen oder Schwule. Man müsse es als komplexes Problem sehen.

Die Organisation "Open Doors" hatte mit einer Studie über Angriffe auf Christen in Flüchtlingsunterkünften für Wirbel gesorgt. Die der theologisch konservativ geprägten Deutschen Evangelsichen Allianz nahestehende Organsation hat inzwischen mehr als 700 Fälle dokumentiert. An der Seriosität der Studie hatte es Zweifel gegeben. Evangelische und katholische Kirche hatten nach einer eigenen Umfrage erklärt, es handele sich nach ihrer Schätzung nicht um ein sytematisches Problem, wenngleich jeder Einzelfall ernst genommen werde.

1. November 2016