Sozialverbände für Neuberechnung von Hartz IV

Berlin (epd). Mehrere Sozialverbände und Gewerkschaften fordern ein völlig neues Verfahren zur Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze. Die finanziellen Hilfen seien "nicht bedarfsdeckend und müssen grundlegend neu ermittelt werden", heißt es in einer in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Zudem sollten Leistungsberechtigte wieder Soforthilfen für besondere Anschaffungen erhalten, wie es sie früher in der Sozialhilfe gab. Die Bundesregierung hat am 21. September beschlossen, die Regelsätze ab 2017 nur leicht zu erhöhen, der Bundesrat wollte sich am 4. November mit dem Thema befassen.

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht vor, dass die Regelsätze etwa für Alleinstehende von 404 Euro auf 409 Euro steigen. Diesen Betrag hat die Regierung aus den statistisch erfassten Ausgaben der 15 Prozent der Single-Haushalte mit den geringsten Einkommen abgeleitet. DGB und Verbände kritisieren dieses Verfahren. Sie verweisen darauf, dass diese Vergleichsgruppe selbst armutsgefährdet sei und zudem noch viele Abschläge vorgenommen würden. "Damit setzt die Bundesregierung eine langjährige Praxis fort, statt die nötigen Korrekturen vorzunehmen", hieß es.

Kritik der Diakonie Deutschland

"Die Regierung hat erneut viele Stellschrauben so justiert, dass zwangsläufig niedrige Regelsätze herauskommen müssen", kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Datenbasis für die Regelsätze für Kinder sei unbrauchbar, weil viele Posten auf den Angaben von weniger als 100 Haushalten beruhten.

Maria Loheide, Vorstandsmitglied der Diakonie Deutschland, kritisierte die Auswirkungen der restriktiven Berechnungen für Kinder, denen etwa Geld für "ein Eis im Sommer, Zeichenstifte oder Eintrittskarten für Schulveranstaltungen" fehle. "Wir schlagen vor, für alle Kinder im Leistungsbezug zumindest 30 Euro im Jahr vorzusehen", forderte Loheide.

Besondere Ausgaben müssten berücksichtigt werden

Neben Erwerbslosen müssten auch viele Rentner, Pflegebedürftige, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderung von den Regelsätzen leben, betonte Gabriele Hesseken vom Sozialverband Deutschland: Doch sie hätten kein Geld für besondere Ausgaben. "Sei es der Lieferdienst des örtlichen Supermarkts oder das Essen auf Rädern, all diese Dienste kosten Geld, das den Betroffenen nicht zugestanden wird", kritisierte Hesseken.

Die Initiativen fordern zudem schnell wirksame Finanzhilfen. So solle es Extraleistungen geben, wenn etwa eine Waschmaschine, ein Kühlschrank oder eine Brille neu angeschafft werden müssen.

4. November 2016