EKD-Medienbischof Jung warnt vor allmächtigem Internet

Worms (epd). Der Medienbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Volker Jung, hat vor "Welterlösungs-Fantasien" großer Internet-Konzerne gewarnt. Führende Akteure im Silicon Valley wollten tatsächlich mit allmächtigen Internet-Technologien die Probleme der Menschheit lösen, sagte der hessen-nassauische Kirchenpräsident bei einer Podiumsdiskussion: "Da muss man natürlich hellhörig werden." Alle vergleichbaren Versuche hätten in der Geschichte eher zu einer "Hölle auf Erden" geführt.

Bei dem Gespräch in der Wormser Dreifaltigkeitskirche zum Thema "Flugschrift, Whatsapp, Instagram – Mediale Freiheit oder freiwillige Knechtschaft?" wurde Jung auch nach Parallelen zwischen Martin Luther und dem Whistleblower Edward Snowden gefragt worden. Hans Werner Kilz, früherer Chefredakteur von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung", stellte in der Runde die These auf, beide Männer hätten in ähnlicher Weise gegen Missstände protestiert. Die Wirkung der Enthüllungsplattform Wikileaks sei mit den Veröffentlichungen von Luthers Thesen vergleichbar.

Die Technologie beherrschen

Jung erklärte, Luther wie Snowden hätten in ihrer Lebenssituation aus einer Gewissensentscheidung heraus Widerstand gegen ein mächtiges System geleistet. Die entscheidende Frage im Umgang mit dem Internet sei: "Wird es gelingen, das Internet zu beherrschen, oder wird es uns beherrschen?" Davon unabhängig äußerte sich der Kirchenpräsident, der in der EKD für Medienthemen zuständig ist, überzeugt, dass der Reformator im 21. Jahrhundert gewiss auch Technologien wie Twitter genutzt hätte: "Ich glaube, er hätte das gemacht."

ZDF-Chefredakteur Peter Frey forderte, die großen Internetanbieter "an unsere Wertvorstellungen" anzupassen, um beispielsweise gegen Hassbotschaften vorgehen zu können. In Amerika würden von Facebook bereits Algorithmen eingesetzt, die beispielsweise Bilder entblößter Brüste innerhalb von Sekunden wieder aus dem Netzwerk entfernen. Extreme Gewaltdarstellungen, die nach europäischen Vorstellungen absolut inakzeptabel seien, würden hingegen toleriert.

12. Dezember 2016