Rund 6.000 Menschen sehen Tour-Auftakt des Pop-Oratoriums "Luther"

Hannover (epd). Am Ende gab es stehende Ovationen. Die rund 6.000 Zuschauer des Pop-Oratoriums "Luther" hielt es beim Tournee-Auftakt in der TUI-Arena in Hannover nicht mehr auf den Sitzen. Luther hatte das Publikum gerockt – 13 singende und tanzende Schauspieler und ein Mega-Chor mit mehr als 1.200 Sängerinnen und Sängern erzählten im Musical-Sound die Lebensgeschichte des Reformators. Viele Songs hätten das Zeug zum Ohrwurm, sagt die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann. "Ich bin überzeugt, einige Lieder werden neue evangelische Schlager werden."

Der Komponist Dieter Falk und der Autor Michael Kunze wollen zum 500. Reformationsjubiläum 2017 keine Heldengeschichte über Martin Luther auf die Bühne bringen. "Einen Menschen mit allen Ecken und Kanten zu zeigen, war unser Ziel", sagt Falk. Der Luther des Oratoriums kennt auch viele schwache Momente. Breiten Raum nehmen die Schilderungen der Zeit und der Gegner Luthers ein. Mit viel Lust an kräftiger Sprache wettert etwa der Dominikanermönch Faber, gespielt von Andreas Wolfram, im knallroten Anzug gegen Luthers Ideen von Freiheit und eigenständigem Denken: "Sein teuflisches Gift, geronnen zu Schrift, steckt an wie die Pest."

Luthers Waffen: Die Wahrheit und das Wort

Unter dem Titel "Multiplikation" zeigen Kunze und Falk den massenhaften Verkauf von Luthers Schriften, der durch die Erfindung des Buchdrucks möglich wurde. Anklänge an die sozialen Medien von heute und die Diskussion um "Fake News" bleiben dabei nicht aus. "Dass die Lüge siegt, darf nicht geschehen", singt Luther, gespielt von Frank Winkels. Das Ablasswesen, Ausgangspunkt von Luthers Kirchenkritik, zeigt das Ensemble als großen Trubel um Kommerz: "Bargeld und gleich – geht's ab ins Himmelreich."

Luther in seinem schwarzen Kapuzengewand wirkt so, als sei er durch seine Schriften eher zufällig in das Ränkespiel um Geld und Macht geraten. Doch er gibt nicht klein bei. Seine Waffen sind die Wahrheit und das Wort. Das Oratorium rückt dramaturgisch seinen Auftritt vor dem Kaiser beim Reichstag in Worms 1521 in den Mittelpunkt und kostet die Spannung aus, ob der Reformator nun widerrufen wird oder nicht. "Weg mit dem Mönch", skandiert Faber. Der Reformator müsse ins Feuer.

Das Bühnenbild ist karg – eine weiße Treppe, ein Dutzend Stühle, ein paar Requisiten, das ist alles. Doch das bietet viel Platz zum Tanzen. Und aus zwölf Stühlen lässt sich wahlweise ein Bus formen, der nach Worms fährt, oder ein Scheiterhaufen aufschichten, aus dem Bühnenrauch in die Höhe quillt.

"Wir sind Gottes Kinder"

Nach der Pause geht das Oratorium stärker auf die geschichtlichen Ereignisse ein. Jetzt deutet Luther seine Hammerschläge an, mit denen er einst seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg genagelt haben soll. Jetzt singt er sein "Hier steh ich, ich kann nicht anders". Und jetzt breitet er seine reformatorische Botschaft aus: "Niemand steht zwischen Gott und Dir. Lasst uns mutig und wahrhaftig sein und frei!"

Die Rockband, das Symphonie-Orchester und der Chor vereinen sich dabei zu einem vollen Gospelrock-Sound, und an der E-Gitarre darf sich immer wieder Klaus Bittner austoben. Spätestens am Schluss singt dann das ganze Publikum die zentrale Hymne des Oratoriums mit: "Wir sind Gottes Kinder, wo auch immer, keiner ist allein." Bis Oktober gastiert das Stück in acht weiteren Städten.

16. Januar 2017