Hamburger Bischöfin ruft zu praktischer Nächstenliebe auf

Hamburg (epd). Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs hat zu mehr Herzensweite und Mitgefühl aufgerufen. "Jeder Mensch kann zum Segen für andere werden", sagte sie in einem Gottesdienst in der St. Paulikirche, der live vom ZDF übertragen wurde. Das wirklich Wertvolle im Leben, was im Innern der Seele glücklich mache, sei gratis. Es könne nur empfangen werden und sei nicht zu verdienen. Das habe der Reformator Martin Luther mit "Gnade" gemeint.

Fehrs erinnerte an die 80 Lampedusa-Flüchtlinge, die ab Mai 2013 monatelang in der St. Paulikirche campierten und versorgt wurden. Sie hätten keinen Aufenthaltstitel gehabt und keine Duldung. Doch die Menschen von St. Pauli hätten ihnen gegeben, was sie konnten: Zeit, Aufmerksamkeit, Geduld und Geld. "Die Gnade Gottes ist bunt", sagte die Bischöfin. "Live und in Farbe" habe sie hier Nächstenliebe erlebt: Ausgerechnet in St. Pauli, wo der Reichtum "nicht gerade zu Hause ist", sei "die Gnade zur Welt gekommen".

Das vergangene Jahr habe gezeigt, was an Engagement für Flüchtlinge möglich sei, und es sei "unglaublich, was sich immer noch an Hilfsbereitschaft ereignet", sagte die Bischöfin. Das gesamte Land sei dadurch reicher geworden, wacher und herzlicher. Der Gottesdienst war Teil einer ZDF-Reihe zum Reformationsjubiläum 2017.

Wenn über die sozialen Medien "so viel Lüge und Falschmeldungen und Hasspostings an Reichweite gewinnen", dürften Christen sich nicht mehr zurückhalten, forderte Fehrs. Gnade brauche Menschen, die Worte und Gesten für sie finden – "damit Menschenrecht wächst und Zusammenhalt". Dazu gehöre auch, zu sagen, was nicht geht: "Es ist keine gute Zeit, sich zurückzuziehen ins Private."

13. Februar 2017